Langenfeld: Endlich schuldenfrei
Goldene Zeiten: Langenfeld feiert seine Schuldenfreiheit und sich selbst nach allen Regeln der Kunst.
Langenfeld. Einmal ganz groß ’rauskommen. Einmal im Rampenlicht. Langenfeld hat’s geschafft. Die kleine, nein, mittlere Stadt im Süden des Kreises Mettmann ist auf dem Weg in die Scheinwerfer.
Am 3. Oktober um 20.21 Uhr geschieht, was sich so viele Kommunen zwischen Flensburg und Passau noch nicht einmal mehr träumen lassen. Die Schuldenuhr der Stadt läuft auf null. Keine Verbindlichkeiten mehr, keine roten Zahlen. Unter dem Strich nur schwarz.
Langenfeld geht’s gold. Und weil der Rheinländer an sich keine Spaßbremse ist, lässt Langenfeld alle an seinem Glück teilhaben. Tue Gutes und sprich darüber. Oder zeig’ es. Wofür schließlich gibt es Plakate.
An der A 3 in Richtung Oberhausen kurz vor Langenfeld prangt an einem Firmengebäude jetzt eine riesengroße Plane. "Schuldlos" steht dort in meterhohen Lettern und darunter zum Glück auch, worum es eigentlich geht: Langenfeld ist schuldenfrei. Wer es zwischen Düsseldorf und Köln noch nicht wusste, ab und zu aber mal mit dem Auto fährt, hat alle Chancen, von Langenfelds Husarenstück zu hören. Klappern gehört nun einmal zum Handwerk.
Und davon verstehen sie in Langenfeld einiges. Seit feststeht, dass die jahrelange Haushaltsdisziplin, die gute Ansiedlungspolitik, die exzellente Lage zwischen drei Autobahnen, nahe Düsseldorf und Köln sowie ein bisschen Glück in den vergangenen 20 Jahren zur Tilgung von 40 Millionen Euro Schulden geführt hat, wird vor allem Bürgermeister Magnus Staehler (CDU) nicht müde, die Welt vom Ruhm seiner Stadt in Kenntnis zu setzen.
Dabei bedient er sich immer neuer Ideen. Langenfeld ist gold, hat Gold und spricht gold. An die Einwohner der Nachbarstädte Hilden und Monheim ist die in Gold gehaltene Einladung ergangen, am 3.Oktober mit den reichen Nachbarn zu feiern. Auf Pressekonferenzen werden in Goldpapier verpackte Schokokugeln gereicht.
Der weltberühmte Bildhauer Heinz Mack hat für 600 000 Euro eine goldene Stele hergestellt, die beim ersten Aufstellungsversuch freilich abgestürzt ist und nun wieder in der Werkstatt, pardon, im Atelier steht. Sie wird bis zum 3. Oktober nicht vor der Sparkasse stehen, deren Bürgerstiftung der Stadt das Kunstwerk geschenkt hat.
Doch von derlei Ungemach lassen die Langenfelder sich nicht schrecken. Es gibt schließlich noch andere Wege, vom eigenen Reichtum zu künden. Ab sofort trägt jeder Brief im Postvertriebsbezirk 4 die Aufschrift "Langenfeld ist schuldenfrei!". Ab Anfang Oktober gibt es eine Briefmarke mit dem Signet der alten Poststadt Langenfeld. Und vom 3. bis 5. Oktober wird das alles mit einem Stadtfest gefeiert.
Dass bei all der Freude über den fast beispiellosen Coup da und dort das Augenmaß ein bisschen verloren gehen könnte, diese Sorge teilt in Langenfeld offenbar niemand mit der SPD, die zuletzt ein bisschen mehr "Bescheidenheit und Demut" forderte. Derlei Bedenken wischten die übrigen Parteien einfach weg, wobei die CDU dank absoluter Mehrheit den größten Lappen hatte.
Statt dessen lässt die Verwaltung jetzt 600 Euro in Gold in eine Holzkiste verpacken, die wiederum in eine aufbruchsichere Metallkiste kommt. Der Schatz soll, angereichert mit Zetteln, auf denen steht, was Bürger von heute Bürgern von morgen wünschen, in der Fußgängerzone bestattet werden, auf dass die Nachwelt dereinst von Langenfelds goldenen Zeiten erfahren möge.
Das geschieht spätestens im Jahr 2023. Dann nämlich wird Langenfeld 75 und darf das erste Kind, das nach dem 3. Oktober in Langenfeld geboren wurde, den Goldschatz heben.