„Langenfeld hat enorm an Lebensqualität gewonnen“
Nach dem Ausscheiden aus der Politik will Lothar Witzleb Brückenbauer für Senioren werden.
Langenfeld. Genüsslich unterm roten Sonnenschirm sitzend nimmt Lothar Witzleb einen Schluck aus der Cappuccino-Tasse. Auf die Terrasse des italienischen Eiscafés der Markthalle zieht es den 71-Jährigen oft.
"Das ist mein Lieblingsort. Hier spielt sich das Leben ab", sagt er. Und wenn Ende September der neu gestaltete Marktplatz fertig ist, wird Witzleb wohl noch häufiger auf Langenfelds "Piazza" anzutreffen sein.
Wie für Bürgermeister Magnus Staehler (CDU), geht auch für dessen Stellvertreter die Amtszeit zu Ende, gleichzeitig ist für den SPD-Mann auch politisch Schluss. Witzleb: "30 Jahre im Stadtrat, das ist genug."
Langenfeld habe enorm an Lebensqualität gewonnen, meint der Immigrather. Aus dem Straßendorf, in das der gelernte Dreher im September 1956 kam, sei eine liebenswerte Stadt mit modernem Zentrum geworden.
"Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie wir hier auf dem staubigen Platz vor der alten Feuerwache Fußball gespielt haben. Die Häuser ringsum und das Sändchen mit der Anbindung zur Bachstraße gab es noch gar nicht, dafür aber noch die Shell-Tankstelle vor der Casa Picola."
Der Ausbau einer attraktiven Innenstadt sei einer seiner Schwerpunkte gewesen. Keine leichte Aufgabe für einen Sozialdemokraten in einer Stadt, in der die CDU die stärkste Kraft ist.
"Für die gilt: Wann wir was machen, bestimmen wir", sagt Witzleb. Dennoch würden SPD-Vorschläge nach Verstreichen einer Schamfrist oft von der CDU aufgegriffen. "Die müssen halt ein bisschen länger nachdenken und diskutieren", scherzt Witzleb. Das Ziel, für die Bürger etwas zu gestalten, eine alle Fraktionen.
Ein Fremdkörper ist für Witzleb das Marktkarree. "Das ist ein Schuhkarton, der nicht angenommen wird, und kein Sahnehäubchen für den Handel", urteilt er.
Mit einem attraktiven Lebensmittelmarkt im Hertie-Haus sei den Bürgern künftig mehr gedient. Und statt eine Million für die Mack-Stele auszugeben, hätte der Vorsitzende des Kulturausschusses lieber für 80 000 Euro pro Jahr zwei zusätzliche Schulsozialarbeiter eingestellt.
Mit Ehefrau Anneliese, einer Langenfelderin, ist Witzleb seit 1962 verheiratet. Durch sie fand er zur Politik. "Ihr Onkel Wilhelm Wagner, der einen Kiosk betrieb, war SPD-Ratsherr", sagt Witzleb.
1972 wurde auch er ein Genosse. Und als über die Abendschule der Meister gemacht war, ließ er sich 1979 von seiner Partei als Sachkundiger Bürger berufen.
"Der Eintritt bei der Awo war damals ein Muss." Als deren Vorsitzender Siegfried Dißmann (64) beim Tanz in den Mai 1991 von einem Herzinfarkt aus dem Leben gerissen wurde, sprang Stellvertreter Lothar Witzleb ins kalte Wasser.
Er übernahm die Führung des mit 915 Mitgliedern größten Awo-Ortsverbandes im Kreis. Eine Aufgabe, die er nach sechsjähriger Pause gerade kommissarisch wieder ausübt. Weil der Vorstand im Streit mit dem Kreisverband zurückgetreten war, muss Witzleb ein Team finden, das er am 24. September zur Wahl vorschlagen kann.
Wenn die Mission erfüllt ist, würde der 71-Jährige für seine Altersgruppe aktiv werden. Witzleb: "Ich sehe mich als Brückenbauer im Seniorenbüro." Klappt das nicht, bleibe mehr Zeit für Radtouren mit seiner Frau, die Pflege der Kois im Gartenteich an der Senliser Straße oder eben ein Schwätzchen beim Cappuccino.