Für drei Jahre Monheim wird neue Heimat für Symphonieorchester Kiew
Monheim · Die Kulturwerke stellen vorübergehend 73 Musiker aus dem Kriegsgebiet in der Ukraine ein. Sie werden im K 714 ihren Standort haben.
Das Symphonieorchester aus ukrainischen Hauptstadt Kiew hat für drei Jahre eine neue Heimat: die Stadt Monheim am Rhein! Wieder einmal zeigten die Monheimer, dass sie schnell und unkonventionell handeln können, wenn Hilfe gefragt ist, aber auch, wenn sich für sie ein kulturelles Highlight anbietet. „Ich freue mich riesig“, sagt der Intendant der Monheimer Kulturwerke und Initiator des Ganzen, Martin Witkowski. Der Kontakt kam über politische Beziehungen von Witkowski zustande. Innerhalb weniger Wochen war für Bürgermeister Daniel Zimmermann und den Intendanten klar: Wir bieten den 73 Musikerinnen und Musikern eine vorübergehende Festanstellung bei den Monheimer Kulturwerken an.
„Wir machen das natürlich nicht aus Mitleid, sondern weil es sich um sehr gute Musiker handelt, die gute Arbeit leisten, die wir wertschätzen und dementsprechend bezahlen.“ Die Ausbildung aller Musiker sei hervorragend, ihr Repertoire breit gefächert von Klassik über Film- bis zu Rockmusik. „Wir haben die Chance, das Verbindende der Kultur hier live erleben“, so Witkowski: „Und ich bin sehr froh, dass mein Team mitzieht. Wir haben zumindest für eine Zeit nun unser eigenes Ensemble und nicht nur Gastkünstler.“ Man müsse sich wohl darauf einstellen, sich die nächste Zeit mit Hand und Fuß, auf Englisch, Deutsch und Ukrainisch zu verständigen.
Von ihrem Lohn werden die Musiker Essen und Wohnen begleichen können, ohne auf Bürgergeld angewiesen zu sein. Darüber hinaus finden die 130 Flüchtlinge bei der städtischen Wohnungsbaugesellschaft ein Zuhause. „Es handelt sich um eine lange Gastspielresidenz, während der die Künstler sich weiter entwickeln und entfalten können.“
Seit dem russischen Überfall auf sein Heimatland, ist das Orchester unterwegs. Es war auf Auswärts-Tournee, als sich die Lage in seiner Heimat zuspitzte und aus Kiew die Mitteilung kam: „Bleibt unterwegs und sendet unsere Botschaft aus!“ Die Mitglieder des Symphonieorchesters sind davon überzeugt, dass Russland die Ukraine nicht nur angegriffen hat, um Land zu gewinnen, sondern auch um ihr Herz, die Kultur, zu zerstören. Dem wollen sie im Ausland mit ihren Konzerten entgegenwirken, so gut sie können.
Nach dem Exil in Gera ist Oleksandr Zaitsev, der Intendant des Kyiv Symphony Orchestras, erleichtert über das Monheimer Angebot: „Wir sind der Stadt und allen Verantwortlichen unendlich dankbar für die Einladung, in einer so schönen und sich auch kulturell so schnell entwickelnden Stadt residieren zu dürfen. Ihre Entscheidung, das Orchester nach Monheim einzuladen, ist ein Beispiel für konkrete Taten zum Schutz der ukrainischen Kultur. Es ist ein Beispiel für die gemeinsame Verteidigung hoher menschlicher Werte.“
Bürgermeister Daniel Zimmermann zögerte nicht lange, als es darum ging, dem Ensemble vorübergehend ein sicheres Zuhause zu bieten: „Mit der Residenz des Kyiv Symphony Orchestra in Monheim am Rhein leisten wir humanitäre Hilfe und ermöglichen, dass das Orchester weiter sicht- und hörbar bleibt. Ab nächstem Jahr wird die Kulturraffinerie K714 dafür einen perfekt geeigneten Konzertsaal bieten. Ich freue mich schon sehr auf das erste Konzert des Orchesters hier vor Ort. Natürlich sollen die Musiker aber auch weiter international tätig bleiben. Monheim ist dafür eine sichere Basis.“
Beabsichtigt sind wiederkehrende Konzerte, Workshops und Kooperationen in Monheim als auch nationale und internationale Auftritte. Der erste Auftritt des Symphonieorchesters in Monheim, bei dem die Bürger sich vom künstlerischen Können überzeugen können, steht schon kurz bevor.
Zusätzlich stehen die Berliner Philharmoniker als Paten für Auftrittsmöglichkeiten, Vermittlung von Solistinnen und Solisten sowie Dirigentinnen und Dirigenten ein. „Dreimal im Jahr soll es ein Gastspiel in Berlin geben“, so Witkowski. Dort sei man von der Qualität der Musiker überzeugt. Erst Anfang Juni gastierte das Orchester mit der ukrainischen Dirigentin Oksana Lyniv bei den Wiener Festwochen. Zukünftige Auftritte werden durch die Monheimer Kulturwerke koordiniert.
„Es ist doch für uns alle schön, etwas Neues kennenzulernen. Auch für unsere Mitbürger in der Stadt, wenn sie künftige mehr Fahrradfahrer sehen, die mit dem Cello oder der Geige auf dem Gepäckständer zur Probe fahren“, schwärmt der Intendant.