Dieter Braschoss (CDU) „Wir müssen uns mehr bewegen“

CDU-Bürgermeister-Kandidat Dieter Braschoss will zügig ein modernes Langenfeld schaffen.

Für Dieter Braschoss ist die Markthalle, das einstige Aushängeschild, ein regelrechter Schandfleck.

Foto: Matzerath, Ralph (rm-)

Das Gespräch führte Isabel Klaas

Herr Braschoss, Sie waren 15 Jahre lang die rechte Hand von Frank Schneider. Sie haben nun gute Chancen, im Herbst selbst das Heft in die Hand zu nehmen. Andere Menschen in ihrem Alter freuen sich auf den Ruhestand. Sie wollen sich noch einmal voll ins Berufsleben stürzen und Chef von 800 Mitarbeitern im Langenfelder Rathaus werden. Warum?

Dieter Braschoss: Warum sollten ältere Menschen nicht die gleiche Energie haben wie jüngere? Ich liebe Langenfeld und bin seit 30 Jahren für die CDU im Rat. Seit 1996 leite ich meinen eigenen Buchführungsservice und bin seit 15 Jahren stellvertretender Bürgermeister. Ich bin Vorsitzender der Stadtentwicklungsgesellschaft, Sprecher für die CDU im Haupt- und Finanzausschuss sowie im Planungs-, Umwelt- und Klimaausschuss und Mitglied im Verwaltungsrat der Sparkasse. An eine 50- bis 60-Stunden-Woche bin ich also gewöhnt. Mit Druck kann ich auch umgehen. Außerdem maße ich mir nicht an, alles in Zukunft allein zu erledigen. Dafür habe ich ein kompetentes Team in der Verwaltung, das mich unterstützt.

In Langenfeld haben viele Bürger den Eindruck, in den vergangenen zehn Jahren habe sich nichts wesentlich verändert. Welche Ideen haben Sie für die Zukunft? Wollen Sie die Politik von Frank Schneider nahtlos fortführen?

Braschoss: Frank Schneider hat zweifelsohne eine besonnene Politik gemacht und die Stadt durch Finanz-, Flüchtlings- und Corona-Krise geführt. Ohne ihn stünde unsere Stadt heute nicht so gut da. Richtig ist aber auch, dass Dinge zwangsläufig liegengeblieben sind. Hier gibt es Nachholbedarf. Wir müssen uns mehr und schneller bewegen. Vor allem soll der Bürger die Veränderungen sehen. Zum Beispiel muss unsere Innenstadt attraktiver werden. Wir sollten mehr Aufenthaltsqualität für unsere Bürgerschaft schaffen.

Wie zum Beispiel?

Braschoss: Ich möchte zeitnah prüfen, die Markthalle zu kaufen und durch ein neues Konzept zu beleben. Es gab Pläne, einen Wintergarten anzubauen, wo die Langenfelder sich bis abends spät hätten aufhalten, Tapas essen und Cocktails trinken können. Was ist daraus geworden? Zurzeit ist das einstige Aushängeschild ein regelrechter Schandfleck. Die oberen Räume könnte man zudem beispielsweise für Dienstleiter vorhalten.

Auch wenn man für die Übernahme Kredite aufnehmen muss?

Braschoss: Auch dann. Wir müssen mehr in Objekte investieren, von denen der Bürger etwas hat. Neben der Steigerung der Aufenthaltsqualität sind das für mich die Stärkung des Wirtschaftsstandortes Langenfeld, der Ausbau von Schulen, Kitas und den offenen Ganztag sowie die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum. Auch das kostet Geld. Allerdings müssen wir vernünftig bleiben. Letztlich hat der Rat über die Aufnahme von Krediten zu entscheiden.

In der Stadthalle weist der Bühnenboden Schäden auf, die Umkleiden brauchen eine Sanierung. Der Schaustall müsste modernisiert werden. Die Spielstätten waren 2024 noch zu 80 Prozent ausgelastet, werden es aber wohl mit zunehmendem Verfall und der Monheimer Konkurrenz nicht mehr sein. Wie wollen Sie gegensteuern?

Braschoss: Die Stadthalle – eigentlich „Langenfelds gute Stube“ – ist in der Tat renovierungsbedürftig. Das muss schnellstens passieren. Es ist auch mein Wunsch, sie wieder mehr für die Vereinslandschaft nutzbar zu machen. Sie sollte in Zukunft wieder ein Treffpunkt für alle Bürger im Herzen der Stadt sein. Beim Schaustall müssen wir natürlich auch etwas tun. Aktuell prüfen wir, ob sich eine Sanierung lohnt oder wir abreißen und neu bauen müssen – dann natürlich mit zusätzlichem Wohnraum drum herum. Natürlich alles so, dass zwischenzeitlich ein Ausweichdomizil für die Schauplatz GmbH zur Verfügung steht.

Langenfeld will 2035 klimaneutral sein und muss sich bewegen – zum Beispiel Fotovoltaikanlagen auf den Dächern öffentlicher Gebäude, mehr und größere Windräder und umweltfreundliche Heizkonzepte für Siedlungen. Was für Projekte wollen Sie zuerst anpacken?

Braschoss: In erster Linie müssen wir mehr Windkraftanlagen schaffen und dafür Flächen zur Verfügung stellen. Bis 2032 sollen zwei Prozent der Gesamtfläche Deutschlands für Windkraft ausgewiesen werden. Wir müssen uns da anpassen. Außerdem muss zeitnah der Bau einer Batteriespeicheranlage mit den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern diskutiert werden. Ich würde auch nachhaken, was eigentlich mit der geplanten Fotovoltaikanlage am Schwimmbad ist. Der Antrag liegt seit drei Jahren vor. Welche städtischen Gebäude mit Fotovoltaik ausgestattet werden können, ist immer noch in der Überprüfung: Wir müssen wissen, wie es mit der Gebäudesanierung und der Statik bei solchen Installationen aussieht.

Günstiger Wohnraum vor allem für junge Familien ist ein weiteres großes Thema. Welche Familie mit einem oder anderthalb Verdienern kann schon Mieten über 1000 Euro bezahlen? Wie wollen Sie mit Ihrem Team helfen?

Braschoss: Das würde eine meiner vorrangigen Aufgaben sein. Ich bin dafür, dass die Stadtentwicklungsgesellschaft leerstehende Gebäude wie zum Beispiel an der Hauptstraße erwirbt und in den oberen Räumen günstigen Wohnraum anbietet. Auch der Bauverein verfügt über Grundstücke, wo wir bezahlbare Wohnungen schaffen könnten. Ebenso auf dem Gewerbeareal von Neumann & Büren/Ara müssen Wohnungen für Familien gebaut werden sowie eine Kita. Wenn wir bis 2028 fertig sein wollen, sollten wir zügig in die Vermarktung gehen. Mit dem Innovationscampus an der Philipp-Reis-Straße müssen wir ebenfalls Gas geben. Nachdem der Investor abgesprungen ist, muss man vielleicht umdenken. Wir könnten zweigleisig fahren, das Gebiet parzellieren und von verschiedenen Investoren bebauen lassen. Auf jeden Fall möchte ich an dem geplanten Mix aus Gewerbe, Wohnen und Kita festhalten.

Gewerbesteuer ist eine wichtige Einnahmequelle. Wie wollen Sie Gewerbe nach Langenfeld locken?

Braschoss: Wir haben in Langenfeld eine gesunde Infrastruktur. Die Höhe der Gewerbesteuer ist im Landesvergleich auf einem sehr niedrigen Niveau. Leider haben wir nicht mehr genug Fläche für Großunternehmen. Wir müssen dafür sorgen, das ansässige Firmen ausreichend Platz zum Erweitern haben und sich mittlere Neuunternehmen ansiedeln können.

Langenfeld war einst die erste deutsche Stadt dieser Größenordnung, die die Schuldenfreiheit verkünden konnte. Das ist allerdings lange her. Sehen Sie eine Chance, diesen Zustand noch einmal zu erreichen?

Braschoss: Das glaube ich unter den jetzigen Umständen nicht. Dazu sind die Aufgaben, die vor uns liegen, zu gewaltig. Gleichzeitig werden wir – angesichts unserer Haushaltslage – nicht darum herumkommen, bestimmte Standards runterzufahren.

In diesem Jahr hat der Grundsteuerbescheid viele Langenfelder positiv überrascht. Wird das auch im nächsten Jahr so bleiben? Oder haben wir dann mit eklatanten Erhöhungen zu rechnen – ähnlich wie bereits dieses Jahr in Monheim?

Braschoss: Wir werden in Zukunft erheblich mehr Kreisumlage bezahlen müssen, unter anderem weil Monheim finanziell in Schieflage geraten ist. Aber wir haben einen Doppelhaushalt beschlossen. Der Grundsteuersatz gilt auch noch für das kommende Jahr. Danach wird es allerdings etwas teurer, und es muss neu kalkuliert werden.

Was wäre Ihre erste Amtshandlung als Bürgermeister?

Braschoss: Ich würde erste Gespräche mit den Mitarbeitern in der Verwaltung führen und mir einen Überblick über offene Ratsbeschlüsse und anstehende Aufgaben verschaffen. Wichtig ist für mich gleichzeitig der intensive persönliche Kontakt zu den Bürgern und speziell der Jugend, um noch mehr über deren Wünschen und Bedürfnisse zu erfahren.