Erkrath bleibt ein Fall für die Bühne

Im Theater an der Kö spielt das neue Stück vor den Toren des Neandertals.

Erkrath/Düsseldorf. "Wie kann man in Erkrath unglücklich sein?" Natürlich. Die Frage kann nur rhetorisch gemeint sein. Wenn sie dann auch noch aus prominentem Mund kommt, darf sie als ganz besonderes Lippenbekenntnis gelten. Denn Hugo Egon Balder, Jenny Jürgens und Marianne Rogée machen nicht nur Theater, sie machen auch Spaß.

Das muntere Trio versetzt Erkrath mit spitzer Zunge nach Düsseldorf: Weil im Theater an der Kö schon Weihnachten ist, hat Radio-Diva Kai-Ole Specking (Hugo Egon Balder) mit verzweifelten Anrufern und einer verkohlten Gans zu kämpfen. Der Starmoderator von Antenne Erkrath, der allein der Quote wegen den Telefon-Seelsorger gibt, hat am Heiligen Abend Dienst - und ein Faible für attraktive Praktikantinnen.

Böse Zungen mögen behaupten, dass sich Gunther Beth und Hausherr René Heinersdorff mit ihrem neuesten Stück über den Alltag im Kreis Mettmann lustig machen. Gute Zungen könnten die Themenwahl des Autoren-Duos dagegen als Kompliment werten. Denn die Komödie, die bei der Uraufführung an der Kö gefeiert wurde, spielt vor den Toren des Neandertals.

Das Theater geht damit weiter: "Die letzten Tage von Erkrath" sind längst Geschichte, jetzt kommt "Die Nummer des Jahres" - Erkrath ist und bleibt bühnenreif. Dass die Stadt im Grünen eine Inspirationsquelle ist, dürfte für Kultur- und Erkrath-Kenner keine Überraschung sein.

Bereits 1998, als das Düsseldorfer Kom(m)ödchen-Ensemble Premiere feierte, sein 64. Programm präsentierte und "Die letzten Tage von Erkrath" ankündigte, schlugen die Szenen aus der Kleinstadt ein wie eine Bombe. Lokalpatrioten ahnten damals schon, was durch die neue Theater-Offensive kurzweilig bewiesen wird: Totgesagte leben länger.

Dabei könnte "Die Nummer des Jahres", ein Liebesspiel im fiktiven Radiosender, reale Werbung sein - wenn, ja wenn man als Zuschauer nicht zu den Zeitgenossen zählt, die hören, wie das Gras wächst und die Vorurteile sprießen. Das Wort "Kleingeister", das auf der Bühne fällt, beziehen die Autoren jedenfalls nicht auf die Großstädter von der Kö...

Aber "Kleingeister" haben womöglich auch kleine Ohren und dürften deshalb großzügig überhören, dass die Inszenierung so manchen Seitenhieb gegen den Kreis Mettmann bereithält. Zum Trost erfahren sie, dass es eine "noch elendere Gegend" gibt: Thüringen.

Da hilft nur eines: eine Aussprache - nicht am Telefon, sondern live und unter Männern. Vielleicht lädt Bürgermeister Arno Werner Hauptdarsteller Hugo Egon Balder ja mal ins Rathaus ein und zeigt der Kö-Crew die Schönheiten am Rande der Großstadt. Das wäre womöglich auch etwas für Hella von Sinnen. Die schrille Moderatorin lachte bei der Premiere jedenfalls so laut, dass man es vermutlich bis nach Erkrath gehört hat.

Zum Kaffeklatsch im Rathaus sollten sich auch Schauspielerin Jenny Jürgens, die Tochter von Entertainer Udo Jürgens, und "Lindenstraßen"-Star Marianne Rogée gesellen. Wenn die Darsteller dann weiterhin von Kleingeistern sprechen, darf der Bürgermeister nicht nur zu klaren Worten greifen, sondern auch mit Torten werfen...