Menschen: Treffsicher zurück ins Leben

Johannes Maringer ist Europameister in Kyudo. Das japanische Bogenschießen gab ihm Antworten auf Lebensfragen.

Erkrath. Die Antwort auf den Sinn des Lebens können einem Pfeil und Bogen geben. Beide Teile müssen aber aus Japan kommen und der Fragende sollte Kyudo beherrschen - die hohe Kunst des fernöstlichen Bogenschießens.

Und das kann der Erkrather Johannes Maringer sehr gut, wurde er doch vor gut einer Woche zum Europameister in Kyudo gekürt. "Es war eine sehr aufregende Erfahrung, an der Meisterschaft teilzunehmen", sagt Maringer.

Nicht aber, weil er sich den Titel als Europameister holte. "Das ist zwar schön, aber steht nicht so sehr im Vordergrund für mich. Wichtiger ist mir, dass ich mit vielen anderen Menschen aus ganz Europa zusammen sein konnte."

Damit kommt der 47-Jährige auch gleich auf den Sinn des Wettkampfes im Kyudo zu sprechen: "Eine solche Veranstaltung dient nicht nur dem Kräftemessen und der Klärung der Frage, wer denn jetzt wohl den ersten Platz macht."

Schon das japanische Wort für Wettkampf "Tai Kai" bedeute viel mehr - und zwar Zusammenkunft. "Es geht also auch um das soziale Miteinander, das gemeinsame Erlebnis einer konzentrierten Sache."

Mit diesen Sätzen offenbart Maringer, dass Kyudo für ihn mehr ist, als ein reines Hobby. "Ich habe mich mit dem Sport und dadurch natürlich auch mit fernöstlichen Lebensweisheiten beschäftigt. Dadurch habe ich die Erkenntnis gewonnen, dass alles eine Frage der Einstellung und Wahrnehmung ist. Das Wichtigste ist, positiv zu bleiben, auch wenn es mal nicht so gut läuft."

Eine schwierige Phase hatte Johannes Maringer in den 90er Jahren. "Damals lebte ich noch in Köln, und die Scheidung von meiner Frau war im Gange. Die Trennung hat sehr viele Fragen in mir aufgewühlt. Mein geregeltes Leben geriet durch die Scheidung aus der Bahn. Ich war unglücklich und stellte mir oft Fragen, wie es jetzt weitergehen soll und ob mein Leben überhaupt noch einen Sinn hat."

Einen Wunsch habe er aber in dieser schwierigen Phase immer gehabt: Er wollte einmal in seinem Leben nach Japan reisen. "Fernost hat mich schon immer interessiert." Und so sei er auch auf Kyudo gestoßen und habe sich dann1995 in einem Verein in Köln angemeldet. Zuvor hatte er jahrelang Karate gemacht. "Ich wollte aber etwas machen, bei dem ich mich mehr mit mir selber auseinandersetzen musste."

Und das war das Beste, was der 47-Jährige tun konnte. Denn heute sagt er: "Kyudo hat mein Leben gerettet. Wenn ich nicht das Bogenschießen für mich entdeckt hätte, wäre ich wahrscheinlich vom Kölner Dom gesprungen." Johannes Maringer ist heute glücklich und zufriedenen - und das auch, weil eine neue Liebe in seine Leben kam. Auch hierbei spielte Kyudo eine wesentliche Rolle. Denn seine neue Frau lernte Maringer über den Kyudoverein Neandertal kennen. "Der Kölner und Erkrather Verein sind befreundet. Wir haben uns bei einem gemeinsamen Bogenschießen kennen gelernt."

Doch wenn auch der 47-Jährige glücklich ist, hat er für sein Leben noch einen Traum. "Ich mache seit 13 Jahren Kyudo und habe viele Lehrer kennen gelernt. Darunter waren sehr viele, die zum Teil noch mit 84 Jahren den Bogen in die Hand genommen haben. Es wäre sehr schön, wenn ich auch so alt werde, fit bin und Kyudo machen kann."