Vor 100 Jahren Wenn die Post den Abendzug verpasst

Serie | Mettmann · Wir blättern durch die Mettmanner Zeitung von vor 100 Jahren: Auf der Titelseite sind die Schulden des Landes das Thema. Im Lokalteil erfahren wir über den Selbstmordversuch eines jungen Mädchens und über Schneckenpost.

Vor 100 Jahren hatte Zons mit einem Hochwasser zu kämpfen.

Foto: Georg Salzburg (salz)

(elk) Da jubelt die schwäbische Hausfrau: Auf der Titelseite ihrer Ausgabe vom 5. November 1924 berichtet die Mettmanner Zeitung, dass die Reichsschuld innerhalb eines Jahres von 2840 auf 2338 Millionen gesunken ist. In der Meldung darunter wird eine Weltwirtschaftskonferenz in Washington angekündigt. Thema sollen die Auswirkungen des Dawes-Plans sein. An der Konferenz sollen im Dezember oder Januar Vertreter aus 30 bis 40 Ländern teilnehmen. Der Plan regelte die Reparationszahlungen Deutschlands an die Siegermächte des Ersten Weltkriegs. Während aktuell die Flutkatastrophe in Spanien die Schlagzeilen beherrscht, sind damals in unserer Region die Folgen des Rhein-Hochwassers das Thema. Bei Zons ist der Deich an mehreren Stellen eingebrochen. Der Fluss hat mehrere Morgen Land und Straßen überschwemmt. Bei Düsseldorf wurde ein Pegelstand von 7,48 Meter gemessen, in Köln sind es 8,15 Meter. In Duisburg sind Teile der Altstadt bedroht. Am Hafen wurden mehrere Getreidespeicher geräumt. Im Lokalteil berichtet die Redaktion über den Selbstmordversuch einer jungen Frau. Das Mädchen habe Essigessenz getrunken, heißt es in der Meldung. Und weiter: „Die Wirkung dieser scharfen Flüssigkeit war so stark, daß es noch in Lebensgefahr schwebt. Wie verlautet, soll ein Familienzwist Grund gewesen sein zu dieser Tat.“ Über die langsame Post wurde schon vor einem Jahrhundert geklagt. Abends aufgegebene Briefe werden erst am folgenden Morgen ausgeliefert. Die Redaktion berichtet über Gespräche zwischen der Stadtverwaltung und dem Postamt. Dabei wurde festgestellt, dass Briefe mit dem Abendzug ab 20.22 Uhr abtransportiert werden. Eilige Post müsse bis zur Leerung des Postkastens um 17.15 Uhr eingeworfen werden, damit sie noch am selben Abend oder mit dem Morgenzug Mettmann verlässt. Heutzutage verabreden wir uns per WhatsApp. Damals steht der Termin in der Zeitung: Der Quartett-Verein trifft sich am Abend in der Aula der höheren Töchterschule zur Aula. „Unbedingtes Erscheinen eines jeden Sängers ist in Anbetracht des bevorstehenden Konzertes dringend erforderlich.“

(elk)