Politik in Mettmann Wie sich die Freischwinger-Fraktion durchsetzt

Mettmann · Vorsicht, Schmonzette: Die Ratssitze sind in die öffentliche Debatte geraten.

Im Mettmanner Ratssaal sollen die Stühle nach 30 Jahren ausgetauscht werden. Und lösen eine Debatte aus.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

(dne) Sind 22 000 Euro für 70 Konferenzstühle zu teuer, also Geldverschwendung? Oder ein notwendiges Investment in einen bequem über den Dingen thronenden Stadtrat? Diese Frage setzt sich seit mehreren Tagen in der Social Media-Debatte durch. Im Ratssaal der Stadt Mettmann sollen die starren, 30 Jahre alten Vier-Fuß-Gestelle ausgetauscht werden gegen moderne Freischwinger, Rückenlehne aus Netzgewebe, Sitz gepolstert. Das sorgt bereits vor der Anschaffung für jede Menge aufgeregtes Stuhl-Wippen.

Streng genommen hätte Bürgermeisterin Sandra Pietschmann den Stühle-Tausch selbst entscheiden und vollziehen können – völlig ohne politischen Beschluss. Die Wertgrenzen ihres Amtes geben so viel Handlungsfreiheit her. Und Verwaltung und Politik hätten sich nicht im virtuellen Debattensaal niederlassen müssen, um auch dieses Problem auszusitzen, Pardon, auszudiskutieren.

Dabei haben sich zwei Lager festgesetzt. Die einen rekeln sich und finden nichts dabei, 30 Jahre altes Gestühl auch mal auszutauschen. „Die alten Stühle müffeln“, berichtet der Vorsitzende keiner kleinen Fraktion. Nach jeder Ratssitzung müsse er seine Hosen waschen (lassen). Unterstützt wird die Freischwinger-Fraktion durch Hinweise auf das Bundesamt für Arbeits- und Gesundheitsschutz und die Berufsgenossenschaften. Diese würden einen Austausch von Sitzungssitzen (nicht von den auf den Sitzungssitzen Sitzenden) alle acht bis zehn Jahre empfehlen.

Andere Ratsleute anderer Fraktionen scheinen genügsamere Sensoren im verlängerten Rückgrat zu haben. Und auch olfaktorisch weniger empfindlich zu sein. Furchtbar bequem sei so ein Ratssitz nicht, aber eben auch kein Folterstuhl. Wegen müsste nichts ausgetauscht werden, klingt es aus dem Lager der genügsam Sitzenden. Zu den hilfsweise im Netz empfohlenen Küchenstühlen für 80 Euro pro Stück gibt es aber von den Ratssitz-Bewahrenden keine Einschätzung. Schon gar keine Positive. Andernfalls könnte jemand im nächsten Post mit einer Plaste-Hartschale für 24, 50 Euro um die Internet-Ecke biegen.

Für die Diskussion könnten die Ratsleute in Mettmann auf einen Experten aus den eigenen Reihen zurückgreifen. Der verdient mit Bürostühlen tagsüber sein Geld und leitet abends die Fraktion einer Wählergemeinschaft. Er geht das Problem professionell an: Die genannten Stühle seien solides Mittelmaß, natürlich ginge es wesentlich teurer, aber auch vordergründig billiger. „Aber spätestens, wenn Sie nach zehn Jahren ein Polster ersetzen müssen und nicht mehr bekommen, wissen Sie, dass nur vermeintlich billig gekauft haben.“ Dem Geruchsproblem könne man mit einer Grundreinigung beikommen. Im Übrigen empfehle seine Fraktion, nicht in die Ratsstühle zu investieren, sondern in die Akustik des Ratssaals. Damit man einander besser versteht.