Firmenporträt: Aus Stroh wird Kohle

Die Firma Grenol macht sich ein Verfahren zunutze, mit dem sich Biomasse in Kohle oder Rohöl verwandeln lässt.

Wülfrath. Lothar Hofer kennt verblüffte Gesichter wie dieses. Der Diplom-Ingenieur zeigt die beiden Glasbehälter mit den auf den ersten Blick unspektakulären Inhalten: links gefüllt mit Strohpellets, rechts mit Steinkohle.

Das Besondere daran: In nur zwölf Stunden ist er in der Lage, wofür die Natur mehrere Millionen Jahre benötigt - Biomasse jeder Art in wertvollen Rohstoff zu verwandeln. Also: aus Stroh Kohle zu machen.

Gerade erst ist Hofer, einer der Gesellschafter der Firma Grenol, von der Hannover-Messe zurück. Er ist zufrieden. "Viele Leute sind einfach total erstaunt über das, was wir machen."

So erstaunt, wie Hofer selbst, als er vor knapp zwei Jahren zufällig im Internet auf die Theorie von Markus Antonietti vom Max-Planck-Institut stieß. "Das klang so einfach, dass wir es einfach ausprobieren mussten", sagt Hofer.

Gesagt, getan. Hofer ging in die Werkstatt, schweißte ein paar Rohre zusammen und stopfte etwas Grünzeug in den dampfkochartigen Druckbehälter, den er nach der Zugabe von ein paar Bröseln als Katalysator bei 250 Grad Grad erhitzte.

"Nach zwölf Stunden hatte ich Braunkohle in einem besseren Zustand, als sie die Natur hervorbringt", erzählt Hofer. "Allerdings haben wir auch ein wenig Glück gehabt. Weil wir auf eine anspruchsvolle Sicherheitstechnik zurückgreifen konnten, ist uns die Anlage nicht um die Ohren geflogen".

Er und seine Kollegen forschten weiter und wurden schließlich im Februar 2007 von Antonietti nach Berlin eingeladen. Von 40 anderen eingeladenen Interessenten sind heute noch zwölf dabei. Mit zweien davon wurde die Firma Grenol gegründet. Im Industriegebiet an der Dieselstraße haben sie ihren Sitz. Unscheinbar in einer Garagenhalle steht die Anlage, auf die Grenol inzwischen ein Patent angemeldet hat.

"Wir sind optimistisch, dass wir noch in diesem Jahr mit einer Großanlage in Produktion gehen", sagt Hofer. Gut eine dreiviertel Million Euro kostet so eine Anlage.

Viel Geld für eine Firma, die bislang alles aus Eigenkapital finanziert hat und noch keine Gewinne macht. Auf Fördergelder verzichtet die kleine Wülfrather Firma komplett. "Dann müssten wir unsere Forschungsergebnisse offenlegen, und jeder könnte es uns nachtun", erklärt Hofer.

Dass bisher so wenige auf den Zug aufgesprungen sind, ist ihm ein Rätsel. Denn bekannt ist das Verfahren schon seit 1913 und dabei "super simpel". Verwenden lässt sich alles vom Mist und Kompost über Grasschnitt bis hin zu Klärschlamm, Orangen- oder Nussschalen. "Im Prinzip alles, was sonst vor sich hingammelt", erläutert Hofer.

Nach Schätzungen fallen in Deutschland jährlich rund 70 Millionen Tonnen organischer Trockensubstanzen aus biogenen Rest- und Abfallstoffen an - genug für die gesamte Kraftstoffversorgung. Doch selbst solche Abfälle werden in naher Zukunft knapp. Und so forschen die Wülfrather auch nach dem, was sich schnell und unproblematisch an Pflanzen züchten lässt.

Die Vorteile des Verfahrens: Die Kohle kann als Brennstoff benutzt werden, wird aber mittlerweile als Rohstoff auch als Grundlage für einen selbst verlöschenden Isolier-Schaum eingesetzt. "In den Vorstufen, also nach vier bis acht Stunden, lässt sich zudem Humus oder Torf gewinnen", berichtet Lothar Hofer.

Der größte Unterschied zu anderen Verfahren ist jedoch der: Die "hydrothermale Karbonisierung" wandelt Biomasse, besonders wenn sie nass ist, vollständig in Kohlenstoff und Wasser um. Dabei entsteht kein CO2. Mehr Kohlenstoff kann man nicht nachhaltig binden, sagt Hofer.

Die Chemikerin der Firma arbeitet zurzeit außerdem an einer Methode, aus Algen Erdöl zu gewinnen. Das Ergebnis ist ein Gemisch, das dem natürlichen Rohölvorkommen entspricht. "Damit gäbe es keine Beschränkung der Erdöl- wie Kohlevorkommen mehr", so Hofer.

Überhöhte Preise aufgrund der Rohstoffknappheit würden damit der Vergangenheit angehören - ein mögliches Beispiel für Innovationen "made in Wülfrath".