Abschied von der Dorfschule
Am Dienstag wird die Grundschule Schmalbroich geschlosssen. Lehrer und Kinder haben bereits gepackt.
Schmalbroich. "Ich kann das alles noch gebrauchen", ruft Britta. Die Neunjährige balanciert über Stühle und Regalbretter in einem Container und stopft Stempel und Kreidestummel in eine Plastiktüte. Nicht einmal eine alte Kaffeekanne ist vor ihr sicher.
Britta deckt sich aber nicht etwa für den nächsten Flohmarkt ein, sondern nimmt auf ihre Weise Abschied von ihrer Schule. Sie gehört zu den 37 letzten Kindern der Grundschule in Ziegelheide, deren Pausengong morgen für immer verstummt.
"Es stimmt mich traurig, dass die Schule nach über 40Jahren geschlossen wird. Besonders wenn man bedenkt, wie stark sich die Eltern für ihren Erhalt eingesetzt haben", blickt Schulleiterin Marianne Lechtenböhmer wehmütig zurück. Doch zu hohe Kosten und mangelnder Pennäler-Nachwuchs geben der Dorfschule im Grünen keine Zukunft.
So wurden seit drei Jahren keine i-Dötzchen mehr angenommen, im letzten Schuljahr nur noch eine dritte und vierte Klasse unterrichtet. "Die dritte Klasse wird zusammen mit ihrer Lehrerin das letzte Jahr an der Astrid-Lindgren-Schule beenden", erklärt Lechtenböhmer, seit Sommer 2005 auch dort Direktorin.
Bevor es jedoch soweit ist, herrscht an der Zwergenschule noch Hochbetrieb zwischen Unterricht und Auszug. Zusammen mit dem zweiköpfigen Kollegium sind alle Schüler eifrig damit beschäftigt, Bücher-Kisten zu packen, Schränke auszuräumen, Pinnwände zu entleeren und den Container mit aussortierten Materialien zu beladen.
"Da kommt viel Krempel zusammen", staunt Lucia (9), die gerade eine Tüte mit buntem Krimskrams in den Container wuchtet. Und der will gut sortiert sein. "Einiges wird einfach weggeschmissen, anderes rübertransportiert zur neuen Schule. Dazu zählen etwa Zeugnisse, die 45 Jahre aufbewahrt werden müssen. Dia-Projektoren oder ähnliches werden vor Ort von anderen Schulen abgeholt", so Marianne Lechtenböhmer.
Aber nicht nur die Direktorin packt mit an. Irmgard Neumann, seit vier Jahren einmal in der Woche Sekretärin, steht auf dem Container und versucht die eifrige Schülerschar zu dirigieren. "Als ich hier anfing, kam es mir vor wie in einer anderen Welt. Vor allem die persönliche Atmosphäre hat mir sehr gut gefallen", erinnert sie sich.
Nebenan überprüfen derweil Johannes (10), Mario (9) und Yannick (10) eine Spielzeugkiste mit Legosteinen auf deren brauchbaren Inhalt. In den allgemeinen Abschiedsschmerz mischt sich aber auch Vorfreude auf die Zukunft, wie Lehrerin Liesel Hildebrand bei sich und ihren Schülern festgestellt hat. "Wir haben gemeinsam schon unseren neuen Klassenraum inspiziert. Er hat uns allen gefallen. Es ist für die Kinder vom Land spannend, nach den Ferien in der Stadt zur Schule zu gehen."