Altstadt-Geflüster: Ein Paradies für Bankdrücker
Einladende Alte Schulstraße! Ferner: Goldschmied kommt, Bäcker geht. Und: Bauern-Präsident von Loe wird geliftet.
Kempen. Bankenmeile. Da sagen doch alle: Engerstraße. Dort befinden sich vier von fünf Kempener Geldinstituten. Doch es gibt eine neue Bankenmeile: die Alte Schulstraße. Hier ist allerdings nicht das Geldhaus gemeint, sondern die Bank als Sitzunterlage. Die kleine blaue Bank vor dem Haus Nr. 14 hat nämlich im Laufe des Sommers "Kinder" bekommen, mittlerweile haben Anwohner aus nachbarschaftlicher Verbundenheit und geselligem Miteinander drei weitere Bänke dazu gestellt. Also: Kempens Fachwerkmeile - allerdings nur 95,16 Meter lang - ist jetzt auch Bankenmeile. Mit sympathischen Bänkern mit Sitzfleisch.
Heute um 11 Uhr eröffnet Timm Hendricks (34/Foto rechts) an der Peterstraße 40 seine Goldschmiede. Das Stammhaus dieses Ausbildungsbetriebs befindet sich seit 36 Jahren im benachbarten Hüls. "Hinter Kempen sind wir schon ewig her", freut sich Senior-Chef Heinz Hendricks (67), dass es nun in der Kempener Altstadt in der ehemaligen Galerie Cassetta eine Dependance gibt. Im 35 Quadratmeter großen Ladenlokal bietet Hendricks hochwertigen Schmuck, Trauringe etc. an. Und in dem 230 Jahre alten Fachwerkhaus gibt es auch eine Werkstatt. "Wir fertigen alles selbst", betont der Junior. Handmade halt. Auch Hausbesitzerin Monika Kouker freut sich, dass zehn Jahre nach Cassetta wieder Hochwertiges an der Peterstraße 40 angeboten wird. Das war immer schon eine gute Adresse in Sachen Schmuck-Galerie.
Schade: Die Bäckerei Lamers am Donkring 3 und auch im Hagelkreuz am Concordienplatz 1 macht Ende des Monats dicht. Damit verabschiedet sich einer der letzten Handwerksbetriebe aus der Altstadt. "Aus wirtschaftlichen Gründen ist der Ofen ab Oktober aus", bedauert Bäckermeister Martin Lamers (46) den Schritt. Vor 23 Jahren haben die Eltern Gerhard und Käthe Lamers aus Kaldenkirchen die Backtradition in Kempen am Altstadtring etabliert. Drei Jahre später kam die Filiale am Conci hinzu, die von der Schwester Sabine Lamers geführt wird. Dort gibt es mit der Bäckerei Janssen aus Kerken - die in St. Hubert bereits eine Kempener Filiale betreibt - einen Nachfolger. Am Donkring ist die Zukunft des Ladenlokals noch ungewiss.
Eigentlich ist ja das ganze Jahr Küchentag bei "Die Küche" auf der Ellenstraße 11-13. Trotzdem lohnt es sich, am heutigen 8. September - dem bundesweiten Tag der Küche - dort vorbeizuschauen. "Die Beratung ist bei uns natürlich nicht nur an solchen Aktionstagen ausgezeichnet, sondern immer", meint Mit-Inhaber Richard Schwalbe. Zum Küchentag, an dem sich 2000 Fachgeschäfte beteiligen, winkt ein Gewinnspiel: Mit Glück kann der Küchenfreund Geschirrspüler, Backofen oder anderes nützliches Marken-Gerät gewinnen. Schwalbe: "Auch in Kempen!"
Makramee. Erinnern Sie sich an die textilen Knoten? Die Masche der feschen 70er? Die feiern jetzt eine Renaissance in der Altstadt. Und zwar im Bastel-Studio in der von-Broich-Passage, Ellenstraße 11-13. Dort verweben sich die Fashion-Knoten zu schmucken Ketten. "Makramee ist wieder in aller Munde", freut sich Inhaberin Kornelia Rehm, und verweist auf ihre Kollektionen im Perlen-Shop sowie Workshops.
Einen faden Beigeschmack hatte für Martin Kamp der WZ-Artikel über die Flucht von "Focus hören" aus der Altstadt. Der Hals-Nasen-Ohren-Arzt vom Burgring 35 stößt sich an der Begründung des Bonner Hörgeräte-Anbieters, warum der es in Kempen nicht mehr ausgehalten hatte. Ein Focus-hören-Sprecher hatte kritisiert, dass sein Unternehmen von den Kempener HNO-Ärzten "geschnitten" werde. "Fokus-hören wollte einen Teil der Hörgeräte-Anpassung in unseren Praxen durchführen und uns dafür bezahlen. Das haben sowohl meine Kollegin als auch ich abgelehnt. Die Patienten sollen selbst wählen, wo sie ihr Hörgerät bekommen wollen", erläutert der 37-jährige Mediziner.
Felix von Loe blickt strenger denn je drein. Der erste Präsident des Rheinischen Bauernverbandes, seit 1903 im Bronze-Teint im Burgpark auf den Sockel gesetzt, wird poliert. Herausgeputzt für einen feierlichen Akt am 2. November. Dann wird der Herr Agrar-Minister des Landes das Plätzchen, das Jugendliche im Sommer so fein hergerichtet haben, seiner Bestimmung übergeben. Und da Felix, der Glückliche, vor 125 Jahren in Kempen den Bauernverband gegründet hat, sollte sein Denkmal trotz Grünspan-Patina zum Verweilen einladen. Aber, bitteschön: Kein allzu dolles Lifting.
Katsuhito Nishikawa ist in Kempen ein alter Bekannter. Der japanische Künstler gestaltete die Kreisbank, auf der man sich im Grün an der Ecke Moorenring/Thomasstraße niederlassen kann. Jetzt kann man Werke des Künstlers beim Galerietag in Krefeld sehen. Morgen ist seine Bilder-Reihe mit dem Thema "Farbe als Schatten" im Kulturverein, Westwall 124, ausgestellt. Übrigens: Die beschädigte Kreisbank ist wieder in Ordnung und lädt zum Verweilen ein.
"Die dritte Halbzeit ist immer die schönste." Wer weiß das besser als Renate Eymael? Die Wirtin des Lokals "Haus Berg" an der St. Huberter Straße 20 - das Vereinslokal der Kicker des SV Thomasstadt - lädt ihre Jungs deshalb morgen ab 18 Uhr zu sympathischen Preisen ein: Bier, Cola und Limo 1 Euro das Glas. Damit die Sause richtig abgeht, kutschert DJ Werner die Elf fröhlich durch den Musikgarten.
Klar wissen Sie, wo in Kempen das Museum ist: Burgstraße 19. Für Auswärtige wird’s allerdings schwieriger - was mit Blick auf die nahe Hundertwasser-Ausstellung prekär werden könnte. Am Kulturforum Franziskanerkloster, wo Kramer- und Sakral-Museum sitzen, gab’s bislang keinen Hinweis. Doch jetzt prangen auf Initiative von Museums-Mitarbeiter Daniel Philipp an einer der vier Marmor-Säulen unter der "Beamtenlaufbahn" hell und groß die fünf Buchstaben m u s e u m - sogar zwei Mal und vertikal verfremdet. Wenn das kein Hingucker ist!
Heute bietet Harald Vienhues in seinem vor knapp zwei Monaten eröffneten Biomarkt an der Engerstraße 25 einen Info-Stand zu Bio-Produkten. "Es können regionale Produkte verköstigt werden, aber auch Fragen zum Thema Herkunft und Qualität von Bio-Produkten geklärt werden", verspricht Vienhues.
Kempens Country-Lady unter Boxern. Morgen um 14 Uhr singt Vanessa, ein Kind der Altstadt, im Autohaus Gossens an der Otto-Schott-Straße 7. Dort finden die Niederrheinmeisterschaften statt. Vanessa trifft auf einen ganz Großen dieser Sportart: Peter Hussing (59), 16-facher Deutscher Meister. Ob der blonde Hüne aus dem Siegerland, der vier Mal an olympischen Spielen teilnahm und 1979 Europameister war, wohl mit Vanessa in den Ring steigt?