An Hinkes Weißhof Antikes Gräberfeld in Vorst ist nun geschützt
Tönisvorst · In Vorst machen Archäologen immer wieder spannende Entdeckungen. So wurde in den 1980er Jahren ein Gräberfeld gefunden. Die Gräber stammen aus dem 1. bis 3. Jahrhundert nach Christus. Der Bereich wird jetzt unter besonderen Schutz gestellt.
In Fachkreisen war es eine Sensation: 1984 entdeckte man in der Nähe des Vorster Ortskerns ein antikes Gräberfeld. In den folgenden Jahren wurde dort weiter geforscht, um die Ausgrabungen kümmerte sich die Außenstelle Xanten des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege. Anlass für die Ausgrabungen war damals die Anlage des Neubaugebiets „An Hinkes Weißhof“.
Etwa 400 Meter nordöstlich der Pfarrkirche St. Godehard stießen die Archäologen auf etliche Gräber, die aus dem 1. bis 3. Jahrhundert nach Christus stammten. Es war das größte antike Gräberfeld im Kreis Viersen, wie es der Xantener Grabungstechniker Clive Bridger in einem Beitrag für das Heimatbuch des Kreises Viersen 1998 formulierte. Zum Glück für die Forschung war das Gelände seit der Antike weitgehend unbebaut geblieben. Und so konnten sie nach und nach über 200 Brandgräber dokumentieren. Neben Gefäßen mit dem Knochenbrand der Verstorbenen fanden sie auch andere Dinge, etwa Fibeln, mit denen die Gewänder einst gehalten wurden, Scheren oder Schuhnägel.
Mehrfach gab es danach im Laufe der Jahre Ausgrabungen in Vorst. Viele Vorster werden sich noch an die Ausgrabungen 2015 erinnern, zuletzt gab es 2020 und 2021 im Bereich „Schmettersfeld“ Untersuchungen. Im Zuge der Untersuchungen in Vorst stellten Archäologen fest, dass es dort nicht nur ein großes Gräberfeld gab. Sie fanden auch die Überreste einer Siedlung, gut 500 Meter weiter westlich. Möglicherweise hatten die auf dem Gräberfeld Bestatteten dort zuvor gelebt. Groß war die Siedlung für heutige Verhältnisse nicht: Es war ein kleines Dorf mit etwa 32 Haushalten, in denen rund 200 Menschen lebten.
Sie lebten vermutlich von der Viehzucht, hielten Schafe und Ziegen. Nach Erkenntnissen der Archäologen, die die Gräber untersuchten, lebten dort eher zierliche Männer und Frauen, die keiner allzu starken körperlichen Dauerbelastung ausgesetzt waren. Die Scheren, die man in den Gräbern fand, passten in dieses Bild: Sie wurden vermutlich zum Scheren der Tiere genutzt.
Der Bereich des Gräberfeldes soll besonders geschützt werden. Dazu hatte das LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland 2022 beantragt, diesen Bereich als Bodendenkmal festzuschreiben. Das setzt die Stadt Tönisvorst jetzt um. Nachdem der Ausschuss für Stadtplanung, Regionalentwicklung und Infrastruktur und im Anschluss der Stadtrat im Dezember die Ausführungen von Stadtverwaltung und LVR dazu zur Kenntnis genommen hat, machte die Stadt die dazugehörige Allgemeinverfügung zum Jahresende bekannt. Damit wird der Bereich des Gräberfeldes „An Hinkes Weißhof“ in die Denkmalliste der ortsfesten Bodendenkmäler aufgenommen. Schon mit dem Antrag des LVR war der Bereich besonders geschützt, mit der Allgemeinverfügung und der Eintragung in die Denkmalliste wird das Ganze jetzt aber auf rechtlich feste Füße gestellt.
An dem Schutz dieses Bereichs besteht ein öffentliches Interesse, legte das LVR-Amt für Bodendenkmalpflege in seiner Begründung des Antrags dar. Wissenschaftliche Gründe sprechen für den Erhalt. Denn: Gräber verraten viel über die Geschichte des Menschen: wie er lebte, welche Kleidung er trug, was er aß, woher er seine Waren bezog, mit wem er handelte, ob er arm oder reich war zum Beispiel. Aber auch, welche Jenseitsvorstellungen er hatte, woran er glaubte, wie er mit Tod und Trauer umging.
Bislang haben die Ausgrabungen in Vorst viele Details zutage gefördert. Doch es gibt noch viel mehr, was die Archäologen wissen wollen. So wäre es beispielsweise interessant, auch den Verbrennungsplatz zu finden, an dem die Verstorbenen bestattet wurden. Dort könnte es auch noch Überreste von Salb- und Ölgefäßen geben, die für rituelle Handlungen genutzt wurden. Zudem ist die Frage, wo Säuglinge und Kinder bestattet wurden. Denn Urnengräber von Kindern vermisste man auf dem Gräberfeld. Auch möchte man wissen, wie die Gräber eingefriedet waren und wie sie gekennzeichnet wurden. Für die Archäologen bleibt es spannend in Vorst.