Breyell: Geschichte im Kleinformat
In einer Ausstellung verrieten Postkarten, Marken und Co. einiges über Nettetals Historie.
Breyell. Schon die Autokennzeichen auf dem Parkplatz verrieten, dass der 53. Niederrheinische Großtauschtag Briefmarkenfreunde aus ganz NRW und den Niederlanden nach Breyell gelockt hatte. In der Gesamtschule beeindruckten die Briefmarkenvereine "BSV Phila 1968 Kaldenkirchen" und "Briefmarkenfreunde Nettetal" mit der ersten Gemeinschaftsausstellung: Auf neun Stellwänden mit je zwölf Blatt gab es Seltenheiten zu sehen.
"Das wird so nicht mehr gezeigt werden", bemerkte Vorsitzender Stefan Heidenfeld (Briefmarkenfreunde Nettetal). Sein Kollege Peter Aldenhofen (BSV Phila 1968 Kaldenkirchen) bekräftigte: "Heute werden viele Exponate erstmals der Öffentlichkeit gezeigt."
Passend zum Jubiläum Nettetals - die Stadt feiert 2010 ihr 40-jähriges Bestehen - waren zahlreiche Exponate zu sehen, die einiges über die Post- und Heimatgeschichte der Seenstadt verrieten. So zeigte Leo Peters aus Kaldenkirchen seine Sammlung mit Postkarten aus Nettetal. Dass die Stadt in der deutschen Postgeschichte ein besonderer Ort ist, zeigte sich schon mit dem ältesten Brief. Der wurde 1796 von Krickenbeck nach Wesel geschickt.
Die Bedeutung Venlos für die Post vor fast 200 Jahren wurde durch den Brief eines französischen Offiziers deutlich. Der Franzose war in Kaldenkirchen stationiert. Er beantragte seine Entlassung aus dem Militärdienst bei seiner Dienststelle in Paris. Der Brief wurde erst in Venlo abgestempelt, obwohl er in Kaldenkirchen aufgegeben wurde, denn dort gab es keine Post.
Nachdem Kaldenkirchen um 1840 sein erstes Postamt bekam, hatte die Grenzstadt für die niederländischen Nachbarn besondere Bedeutung. Wer schnell nach Amerika schreiben wollte, der gab die Post in Kaldenkirchen auf: Ein Brief aus Tegelen wurde am 11. Oktober 1928 in Kaldenkirchen "durch Reichspost mit Zeppelin" nach New York aufgegeben.
Das Luftschiff brachte den Brief von Friedrichshafen nach New York. Weil man dort aber den Empfänger nicht ermitteln konnte, traf er acht Wochen später per Schiffspost in Vlaardingen ein, um wieder beim Absender in Tegelen zu landen.
Als die Belgier zwischen 1826 und 1833 das niederländische Limburg besetzten und zum belgischen Staat erklärten, schmuggelten die Nachbarn aus Tegelen und Venlo ihre Post nach Kaldenkirchen. Das belegt Peter Aldenhofen mit einigen Poststücken, die von Kaldenkirchen unzensiert in die unbesetzten niederländischen Städte Nijmegen und Grave gingen.
"Alle im belgischen Limburg aufgegebene Post in die Niederlande ging zur Zensur nach Brüssel. Das umgingen die Absender, indem sie die Briefe nach Kaldenkirchen zur Post schmuggelten", berichtete Peter Aldenhofen.
Aufmerksamkeit widmete die Ausstellung auch der "Englischen Post", die von der Kaldenkirchener Spedition C.A. Niessen an der Leuther Straße von 1880 bis 1919 und von 1925 bis 1939 betrieben wurde. Die Firma verschickte mit kaiserlicher Erlaubnis Pakete von Deutschland nach England.
Bedauert wird von den Sammlern, dass früher viele Briefumschläge zerschnitten wurden. "Man sammelte nur die Briefmarke. Dabei gibt der gesamte Umschlag so viel über den Zeitgeist preis", sagte Aldenhofen. Mit "guten, ruhigen, bodenständigen Arbeitskräften" warb 1921 Kaldenkirchen für sich als "die aufstrebende Industriestadt" auf ihren Briefumschlägen.
Eindrucksvoll war auch die Übersicht von Helmut Veikes über "Nettetals Post seit der kommunalen Neugliederung". Veikes zeigte auch eine Heinrich-Houben-Ausstellung. Der Schriftsteller (1866-1941) erhielt am 3.März 1919 von der belgischen Besatzung die "Carte de identitie Nr. 339". Seine Nation: Preußen.