Die Grasheide vor 700 Jahren

Heimatforscher Alfred Knorr hat sich mit mittelalterlichen Grenzwällen beschäftigt.

Mülhausen. Am nordöstlichen Zipfel der Niersgemeinde, nördlich von Mülhausen zwischen Niederfeld und dem Kloster Mariendonk, liegt die Grasheide. Zwischen Niers und Schleck erstreckt sich dieses Naturschutzgebiet, das mit seinem Mischwald, seinen Hügeln und seinen Gräben vielen Wanderern bekannt ist. Dass das Relief der Landschaft im Mittelalter durch Menschenhand verändert wurde, wissen die Wenigsten. Was man heute noch als Hügel und Gräben erkennen kann, wurde vor rund 700 Jahren künstlich angelegt.

Der Mülhausener Heimatforscher Alfred Knorr hat sich mit mittelalterlichen Landwehren in der Grasheide beschäftigt. Als direkter Nachbar des Wäldchens und ehemaliger Lehrer für Geschichte, Politik und Chemie an einem Duisburger Berufskolleg hat er sich schon seit längerer Zeit für die Geschichte des Gebiets interessiert.

Im aktuellen Heimatbuch des Kreises Viersen hat er einen 18 Seiten langen Artikel zu dem Thema veröffentlicht. Hierin vergleicht er die Forschungsergebnisse dreier lokaler Archäologen, die sich innerhalb der vergangenen 100 Jahre der Landwehren in der Grasheide angenommen haben und zu teilweise konträren Ergebnissen gekommen sind.

Als Teil von Oedt lag Mülhausen bis in die Neuzeit hinein im „Dreiländereck“ der Herrschaftsgebiete von Köln, Geldern und Jülich. Um die Grenzen zu sichern, wurden um das 14. und 15. Jahrhundert Wälle errichtet, mit einem Graben zu jeder Seite. Der Grad des Walls wurde mit Hecken bepflanzt, wodurch vom Boden des Grabens aus gesehen eine mehrere Meter hohe, Landwehr entstand.

Diese ehemaligen befestigten Grenzen befinden sich heute im Wald, sind teilweise verfallen oder sogar auf Äckern eingeebnet. Jedenfalls für den Laien kaum noch als solche zu erkennen.

Was jedoch mehr ins Auge fällt, ist ein kreisförmiger Erdhügel. Hierbei handelt es sich um eine Motte (französisch für Erdhügel), die von den Einheimischen „Horbes bergske“ genannt wird. Auf ihr sollte eine Burg errichtet werden. War man vor 100 Jahren noch von einer Höhe von acht Metern ausgegangen, wird der Hügel heute mit drei Metern berechnet. Knorr führt die Divergenz auf unterschiedliche Messpunkte zurück.

Nach Meinung der Forscher habe die Motte in der Grasheide nie als Burg fungiert. Denn kurz nach ihrer Errichtung wurde die südlich gelegene Burg Uda erbaut, die laut Knorr strategisch sinnvoller war.

Knorr möchte mit seinem Artikel das Interesse an den fast vergessenen, mittelalterlichen Bodendenkmälern wecken und zu ihrem Schutz beitragen. Für einen Leser ohne historisches Vorwissen erklärt er ausführlich die geologischen, politischen und geostrategischen Hintergründe.