Kempen Drei neue Häuser für Flüchtlinge werden gebaut
Gegen drei Stimmen der FDP gab der Stadtrat grünes Licht für die Pläne am Schmeddersweg und in Tönisberg am Neuenweg.
Kempen. Bei der Unterbringung von Flüchtlingen hat die Verwaltung nun Planungssicherheit für 2017. Am Dienstagabend gab der Stadtrat grünes Licht für den Bau von drei weiteren Mehrfamilienhäusern. Zum einen werden am Schmeddersweg zwischen Sporthotel und Reithalle zwei weitere Wohngebäude für jeweils 60 Menschen entstehen. Derzeit werden auf dieser Fläche bereits zwei Häuser mit Wohnungen für insgesamt 96 Flüchtlinge gebaut. Ein weiteres Projekt wird die Stadt in Tönisberg umsetzen. Auf einer Fläche zwischen Vluyner Straße und Neuenweg — in Nachbarschaft zur bestehenden Flüchtlingsunterkunft — wird ein Mehrfamilienhaus für 60 Menschen gebaut. Gegen den Beschluss gab es drei Gegenstimmen von der FDP.
„Der Standort Schmeddersweg ist in den vergangenen Wochen nicht besser oder geeigneter geworden“, sagte FDP-Fraktionschefin Irene Wistuba. Die Liberalen bevorzugen nach Angaben von Wistuba dezentralere Unterbringungen im gesamten Stadtgebiet. „Die Menschen sollen nicht am Rand leben. Wir wollen nicht, dass dort eine Art Ghetto entsteht“, so Wistuba. Alternative Möglichkeiten schlug die FDP in der Ratssitzung aber nicht vor. Dafür gab es Kritik. „Wer gegen diese Lösung stimmt, sollte auch Alternativen vorschlagen“, sagte beispielsweise der CDU-Fraktionsvorsitzende Wilfried Bogedain. Wistuba entgegnete, dass das Aufzeigen von Alternativen Aufgabe der Verwaltung sei — und nicht der Politik.
Deutlich härter fiel die FDP-Kritik von Udo Kadagies, Fraktionschef der Freien Wähler Kempen (FWK) aus: „Das, was die FDP hier macht, ist vollkommen unseriös. Oder wie man heute sagt: postfaktisch.“ Aus Sicht von Kadagies gaukelt die FDP dem Bürger vor, dass es Alternativen zum Standort am Schmeddersweg gibt. „Die gibt es nicht. Und von der FDP gibt es keinen einzigen konstruktiven Vorschlag“, so Kadagies.
FDP-Ratsherr Jörg Boves sagte in der Sitzung und gestern im Gespräch mit der WZ, dass es sehr wohl Alternativen gebe. Diese habe die Verwaltung selbst schon vor eineinhalb Jahren in ihrer Standortanalyse aufgezeigt. „Es gibt zum Beispiel die Möglichkeit im Gewerbegebiet am Krefelder Weg, neue Gebäude zu realisieren“, so Boves. In der Punktebewertung der Verwaltung habe dieses Grundstück „nur ein wenig schlechter“ abgeschnitten als der Schmeddersweg.
„Ich bin entsetzt, dass einige hier bei diesem Thema in den Wahlkampfmodus einsteigen“, kommentierte Grünen-Fraktionschef Joachim Straeten die Debatte. Die Grünen stimmten für den Beschluss der Verwaltung. Straeten äußerte allerdings Zweifel, ob am eher abgelegenen Tönisberger Neuenweg die Integration gelingen wird. Die Verwaltung müsse darauf achten, die Bedingungen in Tönisberg zu verbessern. So sei zum Beispiel die Anbindung an Bus und Bahn, um zum Beispiel einen Sprachkurs in Krefeld zu besuchen, sehr schlecht.
Auch in der CDU gab es Zweifel am Standort in Tönisberg. Josef Lamozik gab der Verwaltung ebenfalls auf den Weg, die Bedingungen zur Integration zu verbessern. Bernd Fröchtenicht blickte noch weiter in die Zukunft: „Nun werden die Menschen dort untergebracht. Ich gebe aber zu bedenken, dass es in den Tönisberger Kitas keinen Platz mehr gibt. Und auch die Grundschule hätte derzeit Probleme, weitere Kinder aufzunehmen.“ Der Tönisberger Ratsherr forderte die Verwaltung auf, sich bereits jetzt auf den Weg zu machen, um in Kitas und Schule Lösungen zu finden.
Mit Spannung war das Abstimmungsverhalten der einzelnen CDU-Abgeordneten erwartet worden. Denn in den Beratungen in den Fachsausschüssen gab es bei den Christdemokraten zu beiden Standorten keine einheitliche Meinung. Doch vor der Ratssitzung war es Fraktionschef Bogedain gelungen, die Reihen zu schließen. „Wir haben lange und oft diskutiert. Und ich mache keinen Hehl daraus, dass das keine Herzensentscheidung ist. Unsere Zustimmung erfolgt nicht aus tiefster Überzeugung, sondern aus der Einsicht der Notwendigkeit.“ Für diese Entscheidung gebe es keine Alternative.
So sah es auch die SPD. „Für uns gibt es keine Diskussion. Wir werden die Standorte mittragen“, so Fraktionsvorsitzender Andreas Gareißen.
Mit Erfolg brachte die CDU drei Ergänzungen im Beschlussvorschlag unter. Erstens: Die Verwaltung soll schnellstmöglich dafür Sorge tragen, dass es in den neuen Einrichtungen ausreichend Personal für eine gelingende Integration gibt. Zweitens: Die Verwaltung soll darauf achten, dass die sogenannte Maximalbelegung in den Einrichtungen möglichst unterschritten wird. Drittens: Die Suche nach Flächen für bezahlbaren Wohnraum in der Stadt soll intensiviert und entsprechende Änderungen des Flächennutzungsplans auf den Weg gebracht werden.