EM in Kempen und Grefrath: Eine Menge Jubel, aber leider auch Zoff
Deutschland-Polen: In Kempens Altstadt und im Grefrather Eissportzentrum feierten die Fans den 2:0-Sieg der Löw-Elf. Auf dem Buttermarkt flogen allerdings auch die Fäuste.
Kempen/Grefrath. Die Thomasstadt war Schwarz-Rot-Gold am Sonntagabend. Als sich die deutsche Fußball-Nationalmannschaft am späten Nachmittag mit dem Bus ins Stadion in Klagenfurt aufmachte, war der Buttermarkt bereits mit verkleideten Fans gefüllt.
Im Epizentrum der Altstadt, die rund 1010 Kilometer nordwestlich vom Austragungsort des ersten Vorrundenspiels der Löw-Elf entfernt ist, standen die zum Großteil jugendlichen Fans vor dem Kino, tanzten und sangen sich schon warm.
Einige Meter weiter waren nicht nur die besten Plätze vor dem Lokal "Falko" besetzt. Bis zum Brunnen saßen mit Trikot und Schal ausgestattete, in den Landesfarben geschminkte und erwartungsfrohe Fußballfans, die sich als "Vorspeise" schon einmal das erste Spiel des Tages Österreich-Kroatien anschauten.
Brauchte es bei der WM 2006 im eigenen Land die ersten beiden Spiele der Nationalelf, um das ganze Land anzustecken, war die Vorfreude auf die EM bereits Tage vor dem ersten Spiel zu spüren: Eine Autofahne scheint momentan beinahe jeder Kempener zu haben. Auch zahlreiche Flaggen, die aus den Häuser- und in den Geschäftsfenstern flattern, zeigen, dass die Thomasstadt das Herz in der Hand und die Leidenschaft im Bein hat.
Das Spiel selbst verstärkte das EM-Fieber, die zwei Tore durch Lukas Podolski ließen die Leute im "Falko" aus ihren Bistrostühlen hochschnellen, im Kino bebte zum Ende hin der Boden.
"Das war eine atemberaubende Stimmung, wie im Stadion", zieht Lichtspiele-Leiter Imad Assaf Bilanz. 194 Leute waren gekommen, und- anders als bei den bisherigen Turnieren- waren auch viele Erwachsene dabei. Im zweiten Deutschland-Spiel am Donnerstag um 18 Uhr gegen Kroatien werden die meisten sicher wiederkommen. "Man muss früh da sein", sagt Assaf.
Das gilt natürlich auch für das "Falko" nebenan, das bis auf den letzten Platz gefüllt war. Ein paar Meter weiter, bei Horst Kockers im "Zur Altstadt", ging es da gemütlicher zu. Dort verfolgten ein paar Dutzend Stammgäste das Spiel in dem mit den Fahnen der Teilnehmerländer geschmückten Raum. Auch im "Stradivari" am Kempener Bahnhof fand man noch Platz. Nach dem Spiel war man sich dort einig, dass Deutschland auf einem guten Weg ist, den EM-Pokal nach 1972, 1980 und 1996 ein viertes Mal zu gewinnen.
Partystimmung allenthalben? Leider nicht, denn auf dem Buttermarkt eskalierte vor dem "Falko" eine gute Stunde nach dem Schlusspfiff eine Rangelei zwischen Deutschen und Türken. Es flogen Flaschen, Gläser und sogar Tische und Stühle.
20 Leute waren beteiligt, außer einer Handverletzung ist aber nichts passiert. Die Polizei rückte mit zwei Streifenwagen und einem Hundeführer an. Es wurde eine Anzeige wegen Körperverletzung geschrieben. Drei Tatverdächtige waren bereits weg, als die Polizei eintraf.
In Grefrath feuerten rund 2500 Fans unter dem Zeltdach des Eissportzentrums die deutsche Elf an, die auf einer Großbildleinwand ihre Angriffe inszenieren durfte. Die deutschen Fähnchen waren zwar deutlich in der Mehrzahl, das größte Banner stellte aber die polnische Fraktion- die Flagge reichte fast bis unters Zeltdach.
Da die Luft recht stickig war, wichen viele in der Halbzeitpause nach draußen aus. Dort war für Kinder eine kleine Budenstadt mit Hüpfburg etc. aufgebaut. Die meisten waren mit dem Rad zum gemeinsamen Fußballgucken gekommen- somit herrschten nahezu niederländische Verhältnisse. Was auffiel: Die Getränke waren recht teuer (drei Euro für den 0,4-Becher Pils, 2,50 Euro für die gleiche Menge Cola).
Familienfreundlicher waren die Preise im Gemeindezentrum am Bergweg (ein Euro fürs 0,2-Pils, 50 Cent für die gleiche Menge Cola), wo ebenfalls eine Großbildleinwand die Fans verwöhnte. Allerdings strömten dorthin nur drei Dutzend Besucher.