Schlechtester Wert, der bisher bei einer Standortanalyse gemessen wurde Kein gutes Zeugnis der IHK für Grefrath

Grefrath · Die Verluste aus der Textil- und Autobranche wiegen schwer. Eine positive Entwicklung ist erst seit 2016 spürbar.

IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz (links) und Bürgermeister Stefan Schumeckers während der Diskussion im Panorama-Konferenzraum im Freilichtmuseum.

Foto: Andreas Baum/IHK

Keine guten Nachrichten hatte die Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein für die Gemeinde Grefrath. Der Verband präsentierte am Dienstagabend den rund 60 Gästen im Panorama-Konferenzraum im Niederrheinischen Freilichtmuseum seine Standortanalyse für die Sport- und Freizeitgemeinde. „Es wird den Bürgermeister nicht erfreuen“, sagte IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz, „aber wir haben für Grefrath den bisher schlechtesten Wert erhalten, den wir bei einer Standortanalyse gemessen haben.“

Die Befragung in den 80 Betrieben mit ihren etwa 900 Beschäftigten erfolgte Ende des Jahres 2023. Gregor Werkle, Leiter der Wirtschaftspolitik der IHK, präsentierte zunächst Zahlen zu Beschäftigung, Statistik und volkswirtschaftlichen Indikatoren, Jürgen Steinmetz anschließend auch die Ergebnisse der Unternehmensumfrage.

37 Prozent weniger Beschäftigte als noch im Jahr 1999

Am Ende stand die Note 3,47 – den Schulnoten entsprechend eine drei minus. Die Analyse der wirtschaftsrelevanten Zahlen und einzelner Standortfaktoren zeige kein eindeutiges Bild, resümierte die IHK. Nehme man das Jahr 1999 als Ausgangspunkt, so waren am Stichtag 30. Juni 2023 37 Prozent weniger Menschen in Beschäftigung. Ursächlich für diesen Einbruch seien Wegzug, Verkleinerungen und Insolvenzen verschiedener größerer Unternehmen. Aber: „Seit 2016 verzeichnet Grefrath wieder einen Zuwachs, der etwa auf dem Niveau des Landes NRW liegt“, sagte Werkle. Dieser Trend solle positiv für die kommenden Jahre stimmen.

Im Jahr 2023 war die Zahl der Arbeitslosen in Grefrath rund 22 Prozent geringer als noch vor zehn Jahren. Und: Die für den Einzelhandel relevante Kaufkraft liegt in Grefrath mit einem Wert von 100,5 in etwa auf dem Niveau des bundesdeutschen Durchschnitts (100). Nicht besorgniserregend sei die Tatsache, dass Grefrath Kaufkraft an die umliegenden Kommunen verliere, so Werkle, da bei einer Gemeinde in der Größe von Grefrath naturgemäß mehr Menschen aus- statt einpendeln.

Bei der Befragung wurden die Unternehmen zu den Themen harte Standortfaktoren, kommunale Kosten und Leistungen, innerstädtische Standortfaktoren und Arbeitsfaktoren befragt. In allen Themengebieten sei die Bewertung von Grefrath schwächer als am Mittleren Niederrhein, führte Steinmetz aus. Stabile Gewerbesteuersätze werden von der IHK seit langem gefordert. „Grefrath hat für seine Größe bereits überdurchschnittlich hohe Hebesätze bei Grund- und Gewerbesteuer“, sagte Steinmetz. Deswegen seien die Unternehmen bereits jetzt unzufriedener mit dem Hebesatz als im Durchschnitt am Mittleren Niederrhein. Negativ wahrgenommen wurden neben anderem die Anbindung an das Straßen- und Autobahnnetz, der Zustand der überörtlichen Straßen, das Angebot zu unternehmensnahen Dienstleistern, die Grundstückspreise oder auch die Anbindung an den Öffentlichen Personennahverkehr.

Der IHK-Hauptgeschäftsführer betonte mehrfach, dass man mit der Analyse den Blick der Unternehmen, die Stimme der Wirtschaft, in die Diskussion einbringen wolle. „Wir wollen hier in Grefrath nichts schlecht reden“, sagte Steinmetz. Bürgermeister Stefan Schumeckers (CDU) führte an, dass der Gemeinde hinsichtlich verschiedener Standortfaktoren die Hände gebunden seien. Man könne keine Autobahn bauen, man könne keine Gewerbeflächen anbieten, wenn man keine habe, man könne keine Berufsschule bewerten, weil es in Grefrath keine gebe. „Wir sind auf einem guten Weg“, sagte Schumeckers, „unser Team in der Verwaltung hat gute Ideen und setze diese auch um.“

In der Vergangenheit habe man in Grefrath auf große Unternehmens-Player gesetzt und habe davon auch profitiert, doch habe Grefrath auch rund 3000 Arbeitsplätze in 30 Jahren verloren. Zudem merkte der Bürgermeister an, dass eine Befragung zu einem anderen Zeitpunkt ein möglicherweise besseres Ergebnis erzielt hätte. Dass die Sicht der Unternehmerschaft dennoch Gewicht habe, sei aber unbenommen.