Kempen: Romantik im Kleingarten
Frühling auf der Scholle: Die Laubenpieper freuen sich auf milde Tage.
Kempen. Wenn Klaus-Jürgen Neumann auf seiner Scholle ist, kann er den Frühling schon sehen, bevor die Winterjacken ausgedient haben und die Natur in voller Blüte steht. Die Tauben, sie kommen, leider, die dicken Bohnen und Radieschen sind gesetzt und die Mücken tanzen bereits vor seiner Laube.
Der Fachberater in der Kleingartenanlage "Haushecke" hat vorsorglich die ersten Fünf-Pfund-Säcke mit Düngemitteln und Kalk gehortet. "Lieber sparsam einsetzen als zuviel, dann gedeiht hier fast alles", mahnt Klaus Göris, der den Verein leitet. Schlangen-gurken, Tomaten, Endivien-Salat und Kohlrabi ziehen sie jährlich aus dem Boden.
Beide wissen genau, wann sie welche Saat einbringen müssen, was Ungeziefer abhält - und was des Gärtners Leib und Seele zusammenhält. In wenigen Wochen wird der Kirschbaum in Neumanns Garten zum ersten Mal blühen.
Jeden Monat wird sein Garten anders aussehen, die Gelbe Eierpflaume wächst, die Rosen blühen, die Bromhimbeeren Früchte tragen, und die Weinreben werden sich um seine selbstgebaute Metallkonstruktion ranken. Immer muss etwas geschnitten, gewässert oder gedüngt werden. Immer belohnt die Natur die Arbeit und erblüht in allen Ecken des Gartens.
Zwischendurch freuen sich die Gärtner über Buchfinken und bedanken sich bei ihnen mit Erdnüssen. Auch für Zaunkönige, Amseln und Meisen haben die klugen Gärtner immer Kornspender in ihren Sträuchern hängen. "Dann gehen die nicht an die Beete", so Neumann. Nur die Tauben halten sich da nicht dran. "Die picken alles weg."
Neumann und Göris gärtnern für ihr Leben gern. So hat sich Göris für seinen Hochzeitstag ein ganz bestimmtes Datum ausgesucht: Es ist der letzte Tag der Eisheiligen. "Denn an dem Tag werden die Bohnen gesetzt", sagt der 66-Jährige. "Das kann ich mir merken."
Stangenbohnen will auch Neumann noch setzen, außerdem Stinkerchen und Steckzwiebeln. "Die Zwiebel muss die Glocke hören", sagt Göris und hält eine Hand an die Ohrmuschel. Sie wird so gesetzt, dass sie zur Hälfte aus dem Boden ragt. Der Zwiebelflüsterer hat viele Garten-Weisheiten parat, mit denen er sich die Anbauregeln merkt. "Und Rote Bete, weil meine Frau die so gerne isst", sagt Neumann.
"Früher war die Faustregel: Ein Drittel Blumen, ein Drittel Rasen und ein Drittel Nutzgarten", sagt der 65-Jährige. Aber selbst der Fachverband sehe das nicht mehr so eng. "Für die meisten ist der Garten mehr zur Erholung da." Einst bauten die Laubenpieper viel Gemüse für ihre Familien an, heute bestimmen Ziergärten mit Keramikfiguren, Schaukeln, Fahnen und Bänken das Bild.
"Aber wir haben auch immer noch Gärtner, die drei bis vier Familien ernähren könnten", sagt Neumann. "Aber es ist nicht so, dass man sagen kann, es rechnet sich. Es ist ein Hobby. Man bekommt die Bewegung, die man braucht und hat dabei Spaß." Göris: "Und wenn du den Kohlrabi erntest, ist der weder gespritzt noch sonst irgendwie behandelt. Das ist Natur." Und überhaupt sei der absolut ruhig gelegene Garten auf dem freien Feld eine Insel der Erholung. "Es ist einfach ein Paradies. Es gibt nichts Schöneres als morgens Brötchen zu holen, sich hier auf die Bank zu setzen, die Vögelchen zu hören und Zeitung zu lesen."