Ehrenamt in New York Meine Essensausgabe in Manhattan

Thomas Retzer aus Grefrath berichtet von seiner Arbeit bei einer New Yorker „Tafel“.

Foto: Retzer/dpa

Grefrath/New York. An einem typischen New Yorker Frühlingstag hält es in Bushwick nur die wenigsten im eigenen Zuhause: Markthändler, Künstler und gestresste Pendler prägen dann das Bild dieser Nachbarschaft von Brooklyn, in der sich auch meine Wohngemeinschaft befindet.

An beinahe jeder Straßenecke bieten sogenannte Delis, eine Kombination aus Supermarkt und Schnell-Imbiss, Bagels und Eistee an. Gitarren und Schlagzeuge erklingen aus Hinterhöfen, die sich abends in Veranstaltungsorte unter freiem Himmel verwandeln. Gleich dahinter erstreckt sich die berühmte Skyline von Manhattan.

Dorthin führt mein Weg zur Arbeit. Mit der Subway geht es von Brooklyn aus mitten durch das Herz von Manhattan bis zum nördlichen Ende des Central Parks: Hier, an der East 109th Street, ist die „New York Common Pantry“ gelegen — von einer „Tafel“ würde man in Deutschland sprechen. Einige Blocks entfernt von den größten Touristen-Attraktionen wie Broadway und Times Square wird Essen an Obdachlose und Familien mit geringem Einkommen ausgegeben. Wöchentlich können sie abhängig von der Anzahl der Familienmitglieder aus einem Lebensmittel-Vorrat auswählen, darunter Obst, Gemüse, Milch und Müsli.

Auf diese Unterstützung sind sie angewiesen. „Jeder vierte New Yorker hat selbst schon in Armut gelebt oder tut es noch immer“, erklärt Evan. Er ist einer von rund 40 Mitarbeitern, die hier unter der Woche arbeiten, die meisten von ihnen ehrenamtlich.

Zu den Aufgaben eines Freiwilligen zählt es, die Lebensmittel-Auswahl zu verpacken, zu verteilen und Fragen der Familien zu den Abläufen in der „Common Pantry“ zu klären. Ihr Verhalten ist sehr verschieden: Während einige begeistert von den Gerichten erzählen, die sie mit den Zutaten kochen werden, nehmen andere die Hilfe wortkarg entgegen.

Arm und Reich wohnen in New York sehr nah beieinander. Es gehört zu dem facettenreichen Gesamtbild einer Metropole, in der auch die unterschiedlichsten Kulturen aufeinandertreffen. Jamaikanische Einwanderer leben gleich neben jüdischen; es gibt polnische Nachbarschaften und chinesische. Mit ihnen verändert sich auch die Mentalität. „Man überquert nur eine Straße und taucht ein in eine ganz andere Welt.“ So hat es meine Mitbewohnerin Hana einmal treffend beschrieben.

Meine Zeit in der „Common Pantry“ ist nach mehr als 20 Stunden nun vorüber. Ab jetzt „volunteere“ ich ausschließlich für „Make Music“.

Im Rahmen dieses Outdoor-Festivals werden — über die fünf Stadtteile New Yorks verteilt — Musiker aller Altersklassen und Genres auftreten. Knapp 1000 Konzerte sind bislang bestätigt. In vielen Telefonaten werden zur Zeit die Details mit den Musikern und Veranstaltern besprochen.

Am 21. Juni soll schließlich alles angerichtet sein für einen Konzertreigen, laut und abwechslungsreich wie die Stadt selbst.