Parteitag in Kempen 74,4 Prozent für neuen CDU-Chef

Kempen · Philipp Kraft führt nun den Kempener Stadtverband. Das Interesse an der Wahl in Kolpinghaus war allerdings gering.

Philipp Kraft während seiner Vorstellungsrede am Donnerstagabend im Kolpinghaus.

Foto: Lübke, Kurt (kul)

Die CDU hat einen neuen Parteivorsitzenden. Das Interesse an der Wahl des für viele noch unbekannten Philipp Kraft war aber gering. Nur 80 von 427 Mitgliedern der CDU fanden am Donnerstagabend den Weg ins Kolpinghaus. Der 44-jährige Kraft wurde mit 58 Stimmen zum Nachfolger von Rita Ulschmid gewählt, die nach vier Jahren im Amt nicht mehr angetreten war. 17 CDU-Mitglieder verweigerten Kraft die Zustimmung. Es gab drei Enthaltungen. Bei 78 gültigen Stimmen entspricht dies einem Anteil von 74,4 Prozent.

Zuvor stellte sich der Personalmanager des weltweit tätigen Unternehmens 3M aus Neuss den Mitgliedern mit einer Rede zu seiner grundsätzlichen politischen Einstellung vor. Gleich zweimal betonte der neue Vorsitzende, dass die CDU allen Teilen der Gesellschaft zuhören müsse. Zudem zog er eine klare Trennlinie zur AfD. Diese Partei schüre Ängste und Hass. „Da wird mir ganz anders“, so der frühere Offizier der Bundeswehr. Diesem Vorgehen müsse die CDU stärker entgegentreten. Dafür bekam Kraft einen kurzen Applaus.

Die ausführliche Präsentation seiner grundsätzlichen Einstellungen habe Kraft bewusst gewählt, wie er selbst betonte. Die lokalpolitische Komponente stand eher hintenan. Aus Sicht einiger Mitglieder führte das vermutlich zum etwas enttäuschenden Wahlergebnis von 74,4 Prozent für Kraft, der ohne Gegenkandidaten angetreten war.

Mit Blick auf Kempen sagte er lediglich, dass er mit seinem Team und den Mitgliedern die Partei auf die Europa- und Kommunalwahlen 2019 und 2020 vorbereiten möchte – programmatisch und personell. „Hier vor Ort in Kempen spielt sich das tägliche Leben ab. Eine tolle Chance für uns, ein Wegbereiter dafür sein“, sagte Kraft zu seinem Verständnis von Kommunalpolitik.

Unterstützt wird Kraft künftig von seinen beiden Stellvertretern Susanne Kranzusch und Gerd-Wilhelm Stückemann. Die Beiden setzten sich gegen den amtierenden stellvertretenden Vorsitzenden Klaus Theißen durch. Stückemann, der ebenfalls schon Vize-Vorsitzender war, erhielt 56 von 78 Stimmen. „Neuling“ Kranzusch kam auf 45 Stimmen, Klaus Theißen auf 32. Aber schon vor dem Wahlgang war klar, dass es nur ein „Kampf“ zwischen den beiden Herren der Zunft sein würde. Denn für Kranzusch sprach schon die in der CDU vorgeschriebene Frauenquote im Vorstand von einem Drittel. Darauf hatte Kreisgeschäftsführer und Versammlungsleiter Stephan Seidel schon vor dem Wahlgang hingewiesen.

Breite Zustimmung erfuhren Steffi Beyss und Hans-Willi Schmitz bei ihren Wiederwahlen zur Schatzmeisterin und zum Geschäftsführer. Beyss wurde mit 97,4 Prozent gewählt, Hans-Willi Schmitz mit 90,8 Prozent.

„Partykeller-Atmosphäre im Rathaus nicht mehr zeitgemäß“

Unterm Strich erlebten die Mitglieder im spärlich gefüllten Saal eine äußerst nüchterne und harmonische Versammlung. Bei den Aussprachen zu den einzelnen Berichten gab es keine Wortmeldungen. Die scheidende Vorsitzende Rita Ulschmid blickte in ihrem Bericht auf ihre vierjährige Amtszeit zurück. Sie tat dies so ausführlich, dass nahezu jede Spendenübergabe in dieser Zeit Erwähnung fand.

Bürgermeister Volker Rübo stellte in seinem Grußwort das aktuelle Arbeitsprogramm der Stadtverwaltung dar. Im Fokus stand dabei unter anderem der Aspekt, dass das Rathaus am Buttermarkt saniert werden müsse. Zwar habe er Verständnis dafür, dass der Landschaftsverband Rheinland das Gebäude als Denkmal ansieht. „Die Partykeller-Atmosphäre der 70er Jahre im Innern ist aber nicht mehr zeitgemäß“, so Rübo. Auf seine eigene Zukunft nach der Wahl 2020 ging er nicht konkret ein, gab dem neuen Vorsitzenden aber auf den Weg, dass er mit seinem Team „Kandidaten für die Bürgermeister- und Stadtratswahlen“ finden müsse.

Fraktionsvorsitzender Wilfried Bogedain bot dem neuen Parteichef eine enge Zusammenarbeit an. Der St. Huberter regte eine Neuerung an. „Es ist ja neuerdings so, dass sich die Kanzlerin in regelmäßigen Abständen in einer Fragestunde im Bundestag stellen muss“, sagte Bogedain. „Vielleicht könnten wir so etwas in der CDU Kempen machen, indem sich die Partei- und Fraktionsvorsitzenden in regelmäßigen offenen Mitgliederversammlungen den Fragen stellen.“