Grefrath Scharfer Sommer-Check für Schlittschuhe

Nach der Saison ist vor der Saison. Holger Gorgs hat in den Abtau-Monaten alle Hände voll zu tun.

Foto: Kurt Lübke

Grefrath. Was machen Schlittschuhe im Sommer? „Sie hängen rum.“ Von wegen! Da haben Sie die Pointe ohne Holger Gorgs gemacht. Der Mann ist Mr. Allrounder, wenn es um die Qualität des Schuhwerks geht, mit der zwischen September und März auf Grefrather Eis geflitzt wird.

Kein Paar geht zur nächsten Saison über die Verleihtheke, das nicht den Gorgs-Tüv hinter sich hat, die Prüfung durch seine geschulten Ohren, Augen und Hände. Hängematte ist nicht. Die To-do-Liste des Eisstadion-Mitarbeiters ist auch im Sommer lang, sein Zeitplan so eng getaktet wie ein Hockey-Schlittschuh geschnürt.

„Ich höre schon am Aneinanderschlagen der Kufen, wenn einer die Schuhe zurückbringt und auf die Theke legt, dass etwas nicht stimmt“, sagt Gorgs. Aus Erfahrung seit 2007. „Das ist eine Wissenschaft für sich“, sagt er.

Serie: Das Eisstadion

Vom intensiven Austausch mit dem Chef der bayrischen Schuhlieferanten-Firma profitieren beide Seiten: „Ich bekomme so viel Input“, schwärmt Gorgs. Die Firma frage bei ihrem Kunden vom Niederrhein immer wieder nach, was denn an den Kufenflitzern noch verbessert werden könne. „Das wird dann auch umgesetzt. Zum Beispiel die Lederkappe vorne auf der Kuppe des Schuhs — die wird bei der nächsten Lieferung größer.

Schlittschuhe müssen in den Wintermonaten eine Menge Strapazen aushalten: „Vor allem die Weihnachtsferien sind erschöpfend“, sagt Gorgs, das sei die Ausleih-intensivste Zeit. Die Frauen-Schuhe 37 bis 41 und die Herren 38 bis 44 seien die gefragtesten im Größen-Sortiment 24 bis 50. 1600 Paare sind in Grefrath vorrätig. Im Durchschnitt wird ein Paar pro Saison bis zu 140 Mal ausgeliehen und hält drei Jahre. Im Sommer geht jeder Schuh durchs Gorgs’ Hände.

Wird’s schon mal eng in der Ausleihe? „Ja, zur Eisdisko kann es passieren, dass die 38er Größe der Hockeyschuhe vergriffen ist. Die nehmen die Mädchen gern, dann weichen sie auf eine Nummer mehr oder weniger aus — Hauptsache coole Schuhe.“

Gorgs unterscheidet bei den Schlittschuhen zwischen Gleitern, das sind die Kunstlaufschuhe mit der längeren und ein Millimeter breiteren Kufe als bei den Hockey-Exemplaren. „Das sind die Wühler, die schnell abbremsen und dann wieder loslegen müssen. Egal ob Gleiter oder Wühler — Schnürer sind beide. „Die kann man an viel mehr Punkten und damit viel individueller anpassen, als wenn man nur die drei Verschlüsse hat, die man von Skischuhen kennt.“ Je nach Größe und Schuh sind die Schnüre 1,40 bis 2,80 Meter lang. Sieben Kilometer zieht Gorgs im Sommer durch die Nieten - einmal die Strecke von Grefrath nach Kempen. „Mit diesen Schnürsenkeln kann man ein Auto abschleppen.“

Sicherheit und Hygiene werden groß geschrieben. Frisch duftet es in diesem Juli hinter der Ausleihtheke. Jeder Schuh wird desinfiziert, Sohlen werden, wenn nötig, ausgetaucht. Alle Paare werden auf Kufe und Nieten geprüft und kommen erst mit neuem Schliff wieder an den Haken. Die Schleifmaschine, die in Gorg’s etwa sechs Quadratmeter großen Werkstattraum steht, hat schon in den 70er Jahren Funken gesprüht, wenn die Kufen geschliffen wurden.

Für die nächste Saison hat Gorgs 300 neue Paar Schlittschuhe geordert. Sichtung, Ausschreibung, Preisvergleich gehört ebenfalls zu seinen Aufgaben, genauso wie die Beschaffung von Ersatzteilen. Auch alle neuen Paare müssen geschnürt, geschliffen und mit Größe und Fahrgestellnummer beschriftet werden. Denn im Grefrather Eisstadion bleibt jedes Schlittschuhpaar ein Ausleih-Leben lang zusammen — sommers wie winters.