Schicksalstag für die Zeche: Abriss oder Aufschub?

Heute gibt es ein Spitzentreffen im Kempener Rathaus. Der Förderverein zum Erhalt des Denkmals braucht vor allem Zeit, um andere Nutzungskonzepte zu entwickeln.

Foto: Kurt Lübke

Tönisberg. Der Begriff Schicksalstag ist in den vergangenen Monaten im Zusammenhang mit der Tönisberger Zeche bereits überstrapaziert worden. Glaubt man aber den Beteiligten am für heute angesetzten Spitzengespräch im Rathaus, kann der 17. Dezember wirklich der Schicksalstag für die Zeche werden.

Im Sitzungssaal des Rathauses treffen sich heute Vertreter des Kreises Viersen, der Bezirksregierung Düsseldorf, des NRW-Bauministeriums, der Ruhrkohle AG (RAG), des Denkmalamtes vom Landschaftsverband Rheinland (LVR) und der Stadt Kempen. Sogar der eigentlich krankgeschriebene Beigeordnete Stephan Kahl wird gemeinsam mit Bürgermeister Volker Rübo den Termin wahrnehmen. Mit am Tisch sitzen zudem Peter Kunz, Vorsitzender des Zechen-Fördervereins, und Reiner H. Rosendahl, Vorsitzender des Naturschutzbundes (Nabu) Krefeld-Viersen.

Kunz und Rosendahl erhoffen sich vor allem eins vom heutigen Gespräch: Zeit. „Um wirklich ernsthaft ein Nutzungskonzept zu entwickeln, brauchen wir einen Aufschub“, sagt Kunz im Gespräch mit der WZ. Förderverein und Nabu können sich auf dem Gelände der Zeche eine Art Naturschutzzentrum vorstellen — ähnlich dem Naturschutzhof in Lobberich-Sassenfeld. „Dafür kann man aber nicht in ein paar Monaten ein Konzept auf die Beine stellen“, sagt der frühere Bergmann. Vergleichbare Projekte im Ruhrgebiet hätten eine rund fünfjährige Planung hinter sich.

„Wir können ja eigentlich erst seit März planen und mögliche Sponsoren ansprechen“, ergänzt Peter Kunz. Damals hatte NRW-Bauminister Michael Groschek per Erlass den bereits genehmigten Abriss verhindert. Seitdem sind Förderturm, Maschinenhaus und Schachthalle Denkmäler. Und seitdem könne ernsthaft an einer „sinnvollen Nutzung“ gearbeitet werden.

Eigentümer des Zechengeländes ist die RAG. Und diese hält auch trotz des Ministererlasses am Abriss fest. Das ist laut geltendem Recht möglich, wenn für ein Denkmal keine sinnvolle Nutzung gefunden wird. Und dem Eigentümer beziehungsweise einer Kommune, in der das Denkmal steht, die Folgekosten nicht zuzumuten sind.

Die Abrissgenehmigung der Stadt Kempen gilt bis Anfang 2016. Deshalb drängt der Konzern auf eine Entscheidung, und hat den 17. Dezember bereits zum Schicksalstag ausgerufen. Es gibt aber auch Signale aus Essen, vom Abriss abzusehen. Dann will die RAG aber nichts mehr mit dem Gelände zu tun haben. Im jüngsten Fachausschuss erklärte Kempens Dezernent Kahl, dass die RAG die für den Abriss eingeplanten 240 000 Euro an einen möglichen neuen Eigentümer weiterleiten würden. „Das hat man uns in Gesprächen zugesichert“, so Kunz.

Die Vertreter der RAG werden mit dem Wunsch ins Rathaus gehen, eine Entscheidung zu bekommen: Entweder der Abriss wird gestattet oder ein neuer Eigentümer sichert mit sofortiger Wirkung zu, das Gelände zu übernehmen.

Diese Zusicherung werden weder der Nabu noch der Förderverein geben können. „Noch einmal: Wir brauchen mehr Zeit, um ernsthaft etwas entwickeln zu können“, so Kunz. Dafür habe auch die Stadt Kempen zumindest eine „ideelle Unterstützung“ zugesichert.

Eigentümer der maroden Gebäude will die Stadt Kempen aber nicht werden. Zu groß ist zum jetzigen Zeitpunkt das Risiko, später doch auf einer Ruine sitzen zu bleiben. Aus dem Rathaus ist aber dennoch zu hören, dass ein Umdenken eingesetzt hat. Statt auf einen möglichst schnellen Abriss setzt die Verwaltungsspitze auch auf den Faktor Zeit. Nach dem für 2017 angekündigten Wegzug des Folienherstellers Naue, der auf Teilen des Zechengeländes ansässig ist, haben Verwaltung und Politik Interesse daran, wieder Gewerbe auf dem Tönisberger Gelände anzusiedeln. Ein entsprechender CDU-Antrag liegt vor. Warum soll also nicht rund um das Denkmal Förderturm ein kleiner Gewerbepark entstehen?

Eine Hürde für diese Idee ist (noch) das Nein der Bezirksregierung. Bei der anstehenden Neuaufstellung des Landesentwicklungsplans könnte aber aus einem Nein auch ein Ja werden. Alles eine Frage der Zeit. . .