Kempen Feierliches Gedenken an acht NS-Opfer

Am Dienstag Vormittag bekommt Kempen seine ersten Stolpersteine. An Enger- und Von-Loe-Straße wird der Kölner Künstler Gunter Demnig sie in den Boden lassen.

Foto: Nachlass Walter Schenk/Kurt Lübke

Kempen. Am Dienstag werden in Kempen ab 9 Uhr die ersten acht Messingplatten, die dem Gedenken von NS-Opfern dienen, in das Pflaster der Engerstraße und der Von-Loe-Straße eingelassen. Der Kölner Künstler Gunter Demnig wird die Installation der Stolpersteine persönlich vornehmen.

Foto: Nachlass Walter Schenk/Kurt Lübke

An wen sollen die ersten Stolperstein erinnern? Dort, wo an der Engerstraße das Haus Nummer 38 stand, an der Stelle der heutigen Targo-Bank, lebten die jüdischen Schwestern Berta, Johanna und Caroline Berghoff, die für die Nachbarschaft ein winziges Fleischergeschäft betrieben. Johanna Berghoff erlitt die Demütigungen der NS-Zeit, bevor sie 1938 im Kempener Krankenhaus dem Krebs erlag. Ihre Schwestern Berta und Caroline kamen 1942 in den Konzentrationslagern (KZ) Theresienstadt beziehungsweise Treblinka um.

Foto: privat

Gegenüber, vor dem Haus Engerstraße 21, damals ein Bauernhof (heute: Kodi), wird um 9.30 Uhr ein Stein für den polnischen Kriegsgefangenen Marian Kurzawa verlegt. Der Pole wurde 1941 gehenkt, weil ein deutscher Arbeitskollege ihn geschlechtlicher Beziehungen zu einer Magd bezichtigte, was Kurzawa bis zuletzt abstritt. „Rassenschande“ hieß das im Nazi-Jargon. Die Verlegungen an der Engerstraße beginnen um 9 Uhr.

An der Von-Loe-Straße 14 werden am Dienstag um 10 Uhr vier Steine für die jüdische Familie Mendel installiert. Der Viehhändler Andreas Mendel, seine Frau Paula und ihr Sohn Kurt wurden am 11. Dezember 1941 nach Riga deportiert, in den von der deutschen Wehrmacht besetzten Teil der Sowjetunion. Kurts jüngere Schwester Liesel hatten die Eltern 1939 mit einem Kindertransport in die vermeintliche Sicherheit der Niederlande gebracht. Aber 1940 besetzte die Wehrmacht das neutrale Land. Als das Mädchen dort erfuhr, dass man seine Familie deportiert hatte und sie sich nach ihrem Verbleib erkundigte, wurde sie selbst verhaftet und starb 1942 in Auschwitz.

Auch Liesel Mendels Eltern wurden ermordet. Ihr Vater Andreas erkrankte an den Strapazen beim Bau eines KZ und wurde, weil arbeitsunfähig, im Januar 1942 erschossen. Seine Frau Paula starb 1945 im KZ Stutthof am Hungertyphus. Ihr Sohn Kurt war der einzige Kempener Jude, der die Deportation überlebte.

Voraussichtlich im Oktober 2016 werden weitere Steine folgen. Während des Dritten Reiches sind 35 jüdische Bürger aus dem Gebiet der heutigen Stadt Kempen ermordet worden. Im Rahmen der Euthanasie wurden mindestens neun Menschen umgebracht. Zwei Kempener verloren ihr Leben infolge politischer Verfolgung. 46 Einwohner waren es insgesamt, die dem Nazi-Terror anheimfielen. Jüngsten Forschungen zufolge ist sogar mit 50 Opfern zu rechnen.