Grefrath Schlichten und Versöhnen als eine Berufung

Angelika Bellgardt ist seit elf Jahren Schiedsfrau für Grefraths Ortsteile Oedt und Mülhausen.

Foto: Baum

Mülhausen. Fast 190 Jahre gibt es bereits das Amt des Schiedmannes. Und die Aufgabe ist in den Städten und Gemeinden sehr gefragt. Meist waren es in der Gemeinde Grefrath Männer, die dieses Ehrenamt ausgeübt haben. Eine Ausnahme stellt da Angelika Bellgardt aus Mülhausen dar — und das schon seit elf Jahren.

„Schlichten statt Richten“ lautet ihr Motto. Angelika Bellgardt absolviert derzeit ihre dritte Amtszeit als Schiedsfrau für Oedt und Mülhausen. „Man wird ruhiger und sachlicher, je länger man das macht“, hat sie festgestellt.

In diesem Jahr hat sie bereits sechs Fälle bearbeitet. Gut 60 waren es in dem Jahrzehnt davor. In dieser Zahl sind die sogenannten Tür- und Angelfälle nicht enthalten. Das sind Probleme, die die Schiedspersonen bereits an der Haustür oder am Telefon lösen konnten. „Vieles kommt nicht zu Schlichtungsfällen“, so Angelika Bellgardt.

Was bietet eine Schiedsfrau den Bürgern? Bellgardt: „Wir sind als einzige vorgerichtliche Schlichtungsorganisation fern jeder sachfremder Interessen. Doch wenn alles nicht hilft, sind wir die einzige außergerichtliche Schlichtungsstelle, die eine amtliche Bescheinigung der eventuellen Erfolgslosigkeit des Schlichtungsverfahrens zur Vorlege bei Gericht ausstellen kann.“ Sie weiß, dass sie und ihre Kollegen in der ganzen Bundesrepublik eine Erfolgsquote von mehr als 50 Prozent haben, die bei ihr jedoch noch höher liegt.

Ein Schlichtungsversuch bei Schiedsleuten ist zum einen schnell bearbeitet und zum anderen auch kostengünstig. Und es führt — so zeigt die Erfahrung — mit großer Wahrscheinlichkeit zu dauerhaftem Frieden. Denn, so Angelika Bellgardt „keine Partei gewinnt oder verliert“. Die Zusammenkünfte mit den Menschen, die sie aufsuchen, finden in der Regel in ihrem Haus an der Ortsgrenze zwischen Mülhausen und Oedt statt. „Ich habe keine festen Sprechstunden eingerichtet“, sagt Bellgardt.

75 Prozent der Fälle seien Nachbarschaftsstreitigkeiten. Sie fertigt Protokolle zu den Fällen an, die eine Gültigkeit von 30 Jahren haben. Mit den Lösungen lag sie meist richtig: „Ich habe noch keinen Fall gehabt, an dem ich verzweifelt bin.“ Ab und an komme eine Partei mit dem eigenen Anwalt zu ihr. Meist geht es um Parkplatzärger, Beleidigungen oder um Pflanzen, Bäume, die über grundstücksgrenzen wachsen. Die Protokolle werden einmal im Jahr vom zuständigen Amtsgericht überprüft. Sie führt ein eigenes Dienstsiegel und die Kosten, die entstehen, werden meist bar bezahlt, denn sie sind überschaubar. Es gibt auch Treffen, bei denen sich die Schiedsleute untereinander austauschen. Beispielsweise bei den Jahresversammlungen, oder bei der Bezirksvereinigung. Dort treffen die Schiedsleute auch immer wieder auf Richter.