St. Hubert.: Den Kindern behutsam die Zunge lösen
Ein neues Gesetz kommt weder Arzt noch Patient entgegen: Sprach-Therapie in den Kindergärten darf es nicht mehr geben.
St. Hubert. Sprach-Therapie in den Kindergärten darf es nicht mehr geben. Deshalb haben sich die Kempener Logopäden Dr. Jochen Enders und Beatrix Enders-Stausebach etwas einfallen lassen, um nah an ihren Patienten zu sein: Sie haben eine Praxis in St. Hubert eröffnet.
"Wenn wir nichts in St. Hubert gemacht hätten, wären viele auf der Strecke geblieben. Und wie fast immer hätte es die Ärmeren getroffen", ärgert sich Enders. Schließlich sei es nicht für jeden möglich, für Sprach-Therapie nach Kempen, St. Tönis oder Hüls zu fahren.
Hintergrund ist ein Gesetz, das vorschreibt, dass man nur Zuhause oder in einer Praxis logopädische Betreuung anbieten darf. "Seit einiger Zeit hatte es eine geduldete Grauzone gegeben", erklärt der Sprach-Therapeut. Die Betreuung in den Einrichtungen sei von den Krankenkassen toleriert worden.
Nun hätten sich einige Kollegen beschwert. Die Krankenkassen mussten reagieren und haben die Sprach-Therapie in den Einrichtungen untersagt. Grund genug, an der Bahnstraße 23 eine Dependance zu eröffnen. Schließlich habe man durch die Arbeit in den Kendel-Kindergärten bereits viele Kontakte geknüpft.
Zwar sei das eine Lösung, die Arzt wie Patient entgegenkomme. Aber trotzdem hofft Jochen Enders auf ein politisches Umdenken: "Die Sprach-Therapie in den Kindergärten zu machen, ist sinnvoll." Auch Angebote wie Krankengymnastik oder Ergotherapie dürften schließlich in solchen Einrichtungen angeboten werden.
Hinzu kommt, dass sich die Sprach-Entwicklung bei Kindern immer weiter verzögert. "Es wird einfach weniger miteinander gesprochen", sagt Enders. Gleichzeitig sei aber positiv, dass das Bewusstsein für dieses Problem zugenommen habe.
Auch wenn es eine gesetzliche Änderung gäbe, würde die neue Praxis bleiben. "Wir haben ja auch erwachsene Patienten", so Jochen Enders.