Stadtrat stimmt zu: Kempen bekommt Stolpersteine
Mit 29 zu 15 stimmen die Politiker für die Verlegung der Gedenksteine.
Kempen. Die Anzahl der Stimmen gegen die Verlegung der Stolpersteine konnten die Besucher am Dienstagabend im Ratssaal akustisch gar nicht wahrnehmen. Zu laut war der Applaus, kurz nachdem Bürgermeister Volker Rübo (CDU) die Zahl der Ja-Stimmen verlesen hatte: 29 Ratsmitglieder haben für die Verlegung der Gedenksteine für die Opfer des Holocaust gestimmt — 15 dagegen.
In geheimer Abstimmung hat der Rat damit dem Projekt, 46 Stolpersteine in Kempen zu verlegen, grünes Licht gegeben. Und zwar im zweiten Anlauf, nachdem die Mehrheit des Rates 2011 in geheimer Wahl gegen die Stolpersteine votiert hatte.
Keine einheitliche Meinung hatte die CDU-Fraktion, was sich unter anderem bei der Abstimmung über die von der FDP beantragte geheime Wahl zeigte: Ein Teil der Finger der Christdemokraten ging für die geheime Wahl nach oben, ein anderer blieb unten.
„Die Gründe für die Stolpersteine sind nachvollziehbar, aber auch die dagegen“, fasste Fraktionschef Wilfried Bogedain zusammen. „Wir haben innerhalb der Fraktion eine kontroverse Diskussion geführt. Heute wird jeder einzelner von uns persönlich und unbeeinflusst abstimmen“, sagte Bogedain während der Diskussion vor der Entscheidung. „Auch diejenigen, die gegen die Stolpersteine sind, verdienen unseren Respekt.“
Irene Wistuba (FDP) brachte ebenfalls zum Ausdruck, dass sich ihre Fraktion nicht auf eine Meinung geeinigt hatte: „Sind die Stolpersteine eine Verbeugung vor den Opfern? Oder werden die Namen mit Füßen getreten?“ Diese Fragen hätten die Liberalen diskutiert.
„Es kann kein Zuviel des Gedenkens geben“, sagte Grünen-Fraktionsvorsitzender Joachim Straeten. Die Stolpersteine seien ein Gedenken der Jugend, „ein Gedenken, das den Fokus auf die Zukunft richtet“. Straeten: „Ja, Kempen darf stolpern.“
Die SPD-Fraktion steht nach Angaben des Vorsitzenden Andreas Gareißen geschlossen zu den Stolpersteinen: „Wie schon 2011 sind wir geschlossen dafür. Und wir sind gegen eine geheime Abstimmung.“ Jeder könne offen zu seiner Meinung stehen. „Wir akzeptieren auch die Meinungen derjenigen, die dagegen sind. Das ist ein demokratisches Recht“, sagte Gareißen und ergänzte: „Gerade in der heutigen Zeit können wir uns nicht oft genug gegen Intoleranz und Fanatismus einsetzen.“
Ähnlicher Meinung war Udo Kadagies (Freie Wähler Kempen/FWK). Er erinnerte an den jüngsten Vorfall in Franken, wo Unterkünfte von Flüchtlingen angezündet worden waren. Wie schon 2011 seien die Freien Wähler für die Stolpersteine. Kadagies dankte dabei ausdrücklich seinem Fraktionskollegen Philipp Wachowiak. Der ehemalige Ratsherr gehörte vor drei Jahren zu den Mitinitiatoren des damals abgelehnten Stolperstein-Projektes.
Die Linke, die 2011 noch nicht Rat vertreten war, erneuerte am Dienstagabend ihre bereits im Vorfeld angekündigte Zustimmung: „Wir stehen hinter dem Projekt“, sagte Günter Solecki. In der Diskussion um die geheime Abstimmung, die er ablehnte, vergriff sich der St. Huberter aber deutlich im Ton: „Geheim ist eine Gestapo-Methode.“ Für diese Äußerung gab es von den anderen Fraktionen und den Zuschauern scharfe Kritik.
Nachdem das positive Ergebnis für die Initiative verkündet war, durfte einer der Mitstreiter, Pfarrer Roland Kühne, das Wort ergreifen: „Ich danke herzlich für die Zustimmung. Etwas haben wir schon jetzt gewonnen: Die Schüler, die den Prozess intensiv begleitet haben, haben gelernt, was Demokratie ist.“