Strassenverkehr: Mit Handicap sicher unterwegs

Mit dem Fahrrad, Rolli oder Dreirad haben 15 Behinderte ihre Fahrradprüfung bestanden. Sie alle sind jetzt sicherer unterwegs.

Kempen. Auf dem großen Parkplatz am Emilie-Horten-Platz steht Joleen Schmitz neben ihrem Fahrrad. Sie trägt eine gelbe Warnweste mit Reflektoren und einen roten Fahrradhelm. In Gedanken geht sie noch einmal die Strecke durch: Rechts abbiegen, das Fahrrad über den Zebrastreifen schieben und langsam durch die Fußgängerzone fahren. Auf ihrer Weste ist die Startnummer 10 befestigt.

Die 22-Jährige wohnt in einer Einrichtung der Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung im Kreis Viersen und kann zusammen mit anderen Bewohnern den Fahrradführerschein machen.

Eine Maßnahme, die Leiter Michael Lorenz als wichtig ansieht: "Unsere Bewohner nutzen das Angebot, um sich angemessen im Straßenverkehr zu verhalten. Die Strecke ist bewusst gewählt, da sie den alltäglichen Situationen und Wegen entspricht. Der Spaß soll aber nicht zu kurz kommen." Voraussetzung für die Prüfung waren ein Theorietest und verschiedene Übungen.

Das Fahrrad-Sicherheits-Training fand für die Bewohner der Lebenshilfe Kempen zum ersten Mal statt. Insgesamt nahmen 15Behinderte im Alter zwischen 20 und 51Jahren teil. Einige von ihnen fuhren die fast vier Kilometer lange Strecke in Begleitung einer Aufsichtsperson ab, manche auf ihren Dreirädern oder in Rollstühlen. Für sie war die Strecke besonders anstrengend.

Geleitet wurde das Fahrradtraining von Polizeihauptkommissar Martin Gennert. "2008 habe ich schon einmal mit einer Wohnstätte in Grefrath zusammengearbeitet", sagt er. "Meine Erfahrungen kann ich bei diesem Training gut mit einbringen."

Alle Teilnehmer sind aufgeregt und warten ungeduldig auf den Start. "Reihenfolge und zeitliche Abfolge sind gut durchdacht", sagt Gennert. "An neun verschiedenen Stellen warten Streckenposten auf die Teilnehmer. Sie notieren Fehler oder Auffälligkeiten."

Jetzt ist Joleen Schmitz an der Reihe. Sie fährt los, ohne Begleitung. "Im Training hat alles gut geklappt. Ich hoffe, dass ich die Prüfung schaffe", sagt sie. Bedenken hat sie aber doch: "Viele Autofahrer sind sehr rücksichtslos und achten kaum auf die Fahrradfahrer."

Joleen hat wenig Gleichgewichtsprobleme, sicher fährt sie mit ihrem Fahrrad die vorgegebene Strecke ab bis in die Kempener Fußgängerzone. Am Parkplatz vor Edeka am Hessenring warnt sie: "Das ist eine gefährliche Stelle. Man muss absteigen, weil man nicht sehen kann, ob Gegenverkehr kommt." Joleen ist erleichtert, als wieder am Emilie-Horten-Platz ankommt: "Ich habe auf alles geachtet."

Die Siegerehrung steht kurz bevor. Hauptkommissar Martin Gennert lobt die Teilnehmer: "Ich kann euch mitteilen, dass ihr alle die Prüfung bestanden habt. Denkt aber daran, nicht so schnell zu fahren."

Gennert überreicht den Fahrradführerschein, einen Wimpel als Andenken und Reflektoren-Klickbänder, die von der Kreiswacht Viersen spendiert werden. Große Freude bei den Bewohnern: "Ich bin froh, dass alle die Prüfung bestanden haben", sagt Joleen.