VT will Sportverband verlassen
Nach einer turbulenten Versammlung gibt es wieder einen Vorstand. Mit dem ist die Turnerschaft nicht einverstanden.
Kempen. Die gute Nachricht zuerst: Der Stadtsportverband (SSV) ist gerettet. Es gibt einen neuen Vorstand. Die schlechte Nachricht folgt aber sofort: Nun droht der größte Kempener Sportverein, den Verband zu verlassen.
Zum Hintergrund: Der komplette SSV-Vorstand hatte erklärt, nicht mehr kandidieren zu wollen. Daher musste die Jahreshauptversammlung am 15. März kurzfristig abgesagt werden. Bei einem Krisentreffen im April im Rathaus fanden sich Kandidaten. An denen gab es gleich Kritik vom Vorsitzenden der Vereinigten Turnerschaft (VT), Detlev Schürmann.
Nun stand am Dienstagabend die Versammlung an, bei der 15 der 35 Kempener Vereine vertreten waren. Kurz vor den Vorstandswahlen sprach der stellvertretende Bürgermeister und Versammlungsleiter, Otto Birkmann (CDU), noch die Hoffnung aus, dass der Verband nun in ruhiges Fahrwasser kommen würde. Doch dann schlugen die Wellen erst richtig hoch.
Zunächst wurde Andreas von Brechan vom Verein Karate Dojo Kempen mit 89 Stimmen bei 42 Ablehnungen und 37 Enthaltungen gewählt. Schon bei dieser Personalie wurde Schürmanns Unmut deutlich, dessen Antrag auf eine Aussprache ohne den Kandidaten abgelehnt wurde.
Massiv wurde Schürmanns Protest, als Frawi Tönnis (ebenfalls Karate Dojo) für den Posten des zweiten Vorsitzenden zur Wahl stand. „Mit uns wird es keinen Frawi Tönnis im Vorstand geben“, erklärte Schürmann im Namen der VT.
Als erstes Mitglied sei Tönnis aus der VT ausgeschlossen worden. Man habe Zweifel an dessen persönlicher Integrität. „Wenn Frawi Tönnis gewählt wird, werden wir den Stadtsportverband verlassen“, so Schürmann. Zur Erklärung: Mit Tönnis hatten rund 100 Sportler die VT verlassen und waren zu dessen neuem Karateverein gewechselt. Zudem gab es zwischen Tönnis und der VT eine rechtliche Auseinandersetzung.
Der neue Vorsitzende von Brechan betonte, dass er mit Tönnis vertrauensvoll zusammenarbeite. Der Versuch, die Findung eines Vorstandes zu torpedieren, sei „hart an der Grenze zur Geschmacklosigkeit“, urteilte er über Schürmanns Aussage.
„Ich hätte es als demokratisch empfunden, wenn die VT einen Gegenkandidaten gestellt hätte“, sagte Anke Bittroff (Kempener Leichtathletik Club). Das Vorgehen des VT-Vorstandes könne man nun als Erpressungsversuch interpretieren. Eine Alternative zu Tönnis gab es nämlich nicht. Für die anderen Vereine blieb nur die Wahl zwischen einem Weiterbestehen ohne VT und dem Ende des Stadtsportverbandes.
„Wir hätten gerne eine Grundsatzdiskussion geführt. Das ist nicht erfolgt. Daher werden wir keinen Vorschlag machen“, konterte Schürmann. Repräsentativ könne der SSV nur sein, wenn sich die Vereinsvorsitzenden im Vorstand engagierten. Warum diese Diskussion im Vorfeld verweigert worden sei, wisse er nicht, so Schürmann.
Claus Bussmann (Turnverein St. Hubert) kritisierte die „undemokratischen Geheimsynoden, die Schürmann da forderte“. „Ich glaube nicht, dass die kleinen Vereine das mitmachen wollen“, so Bussmann. Frawi Tönnis wurde schließlich mit 88 Ja-Stimmen (42 Mal Nein, 38 Enthaltungen) gewählt.
Bedenken, dass von Brechan als Vertreter eines kleinen Vereins nicht die Belange der großen Vereine im Blick habe, entgegnete er: „Ich bin in zwei Großvereinen groß geworden.“ Er fände es schade, wenn der SSV bei einem Austritt der VT mit einem Schlag zehn Prozent der Sportler in Kempen nicht mehr vertreten würde. Daher lud er zum Gespräch ein.