Schwalben auf der Roten Liste
Die Vögel gehören zu den gefährdeten Arten. Der Nabu zeichnet schwalbenfreundliche Häuser aus — wie jetzt in Viersen.
Viersen. Juliane Kompans mag Tiere. Hund, Katze, Meerschweinchen, Kaninchen und sogar eine Schlange gehörten zur Familie, als die Kinder noch im Haus waren. Das ist 20 Jahre her.
Heute ist sie alleinstehend und immer noch tierlieb. „Ich möchte aber keine eigenen mehr haben“, sagt sie. Dafür hat sie welche vor ihrem Haus. Unter dem Dachvorsprung haben vor drei Jahren drei Schwalbenpaare ihre Nester gebaut und leben dort von Anfang April bis Mitte Oktober.
Dafür, dass sie den Zugvögeln ein Zuhause bietet, wurde ihr Haus an der Heesstraße im Stadtteil Dülken jetzt vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu) mit einer Plakette als „Schwalbenfreundliches Haus“ ausgezeichnet. „Hier sind Schwalben willkommen“, steht darauf.
„Die Vögel sind pflegeleicht. Morgens werde ich von ihrem Gezwitscher geweckt und kann sie durch mein Wohnzimmerfenster beobachten“, sagt Juliane Kompans. Der Nabu ist froh, dass es Menschen wie sie gibt. Mehl- und Rauchschwalben, die von April bis Oktober in unserer Region heimisch sind, stehen auf der Roten Liste der gefährdeten Arten.
Um den Lebensraum der Tiere zu erhalten, hat der Nabu NRW vor zwei Jahren die Aktion „Schwalbenfreundliches Haus“ gestartet. Die ursprünglichen Lebensräume der Schwalben sind bei uns nicht mehr vorhanden. In den landwirtschaftlichen Betrieben sind die Türen zu den Ställen oft fest verschlossen und kaputte Fensterscheiben, durch die Schwalben in die Scheunen fliegen könnten, gibt es kaum noch.
Feldwege sind asphaltiert, die Einfahrten zu landwirtschaftlichen Höfen gepflastert. „Deshalb fehlen oft die Pfützen, aus denen die Schwalben ihre Lehmkügelchen für den Nestbau holen“, sagt Hartmut Otto vom Nabu Viersen.
Viele Menschen wollen die Tiere nicht an ihren Häusern, weil sie die Fassaden verunreinigen. Juliane Kompans stört das nicht. „Die Fensterbänke sind zwar jeden Tag beschmiert, aber ich wische mit einem nassen Lappen drüber, und dann ist alles wieder sauber“, sagt sie.
Unter dem Dachvorsprung von ihrem Haus haben die Schwalben drei Nester gebaut. Sie brüten zweimal im Jahr jeweils drei bis sechs Eier aus. An der Heesstraße können deshalb jedes Jahr mindestens zehn Schwalben das Licht der Welt erblickt haben.
Außer in Viersen hat der Nabu in Willich häufiger die Plakette für „Schwalbenfreundliche Häuser“ vergeben, einige Male auch in Krefeld. In ganz Nordrhein-Westfalen wurden im vergangenen Jahr 600 Eigentümer ausgezeichnet. Wer Schwalbennester an seinem Haus hat, kann sich beim Nabu um die Auszeichnung bewerben. So hat es auch Juliane Kompans gemacht, nachdem eine Bekannte sie auf diese Möglichkeit hingewiesen hatte.
Der Nabu hofft, dass noch viele Hausbesitzer den Schwalben eine vorübergehende Heimat geben. Juliane Kompans freut sich schon darauf, dass die Schwalben im nächsten Jahr zurückkommen. „Ich bin sicher, sie werden auch 2013 wieder da sein. Vielleicht ist es dann schon die nächste Generation“, sagt Otto.