Wenn Lamas über Jesus wachen
Der Viersener Klaus Grafe besitzt eine Sammlung von 470 Krippen aus 103 Ländern.
Viersen. Klaus Grafes Keller ist voller Schätze. Mehrere hundert Krippen stehen dort. Zu jeder kann er eine Geschichte erzählen. Viele weitere stehen, hängen, baumeln im ganzen Haus verteilt. Selbst seine Küchenuhr ist gleichzeitig eine Krippe. Das Bild an der Wand im Flur: eine Krippenszene. Vor zwölf Jahren begann er, zu sammeln. 470 Stück sind es mittlerweile aus 103 Ländern, die älteste stammt von 1870. Der Klassiker aus dem Erzgebirge steht in seinen Vitrinen neben einer Krippe aus Honduras, die aus Draht und alten Chipstüten gefertigt wurde, einer mit Peanuts-Figuren aus den USA, einer Krippe in einer Zimtnuss aus Ecuador, einer geschnitzten Ebenholz-Krippe aus Tansania, und einer aus Kenia aus getrockneten Blättern einer Bananenstaude.
Der 64-Jährige nimmt eine Schneekugel mit Krippe in die Hand, zieht sie auf. Sie spielt kurz ein Weihnachtslied, es wird langsamer und verklingt. „Das ist nicht so mein Geschmack, aber darum geht es nicht. Es geht um die Vielfalt.“ Klaus Grafe gefällt die individuelle Aussage jeder Krippe, obwohl die biblische Botschaft immer dieselbe ist. Er achtet auf die Besonderheiten der Länder, die sich in den kleinen Kunstwerken widerspiegeln. „In afrikanischen Krippen haben die Hirten beispielsweise häufig Waffen. Das passt eigentlich nicht zur Friedensbotschaft, aber in Afrika müssen die Herden natürlich vor wilden Tieren geschützt werden.“ Auch sind es in anderen Ländern nicht Ochs, Esel und Schafe, die über das Jesuskind wachen. Es sind Wasserbüffel, schwarze Schweine, Lamas oder Löwen. Maria, Josef und Jesus sind als Indianer, Eskimos, dunkelhäutig oder asiatisch dargestellt. Sie tragen mallorquinische, russische, peruanische Trachten. Jede Figur ist ein Unikat, ihre Gesichtsausdrücke erzählen Grafe eine Geschichte. Aus einem Schrank in seinem Büro nimmt der Pfarrer im Frühruhestand, der in der Gemeinde St. Remigius als Subsidiar tätig ist, eine dunkelbraun-glänzende Holzfigur. „Die hat ein Schnitzer aus dem Busch in Guatemala gemacht, 40 weitere Figuren gehören zu der Krippe“, erklärt Grafe. Was auffällt: Alle gucken bedrückt, auch Jesus hat bereits das Gesicht eines Erwachsenen. „Es gab damals keine Nacht im Busch, in der keine Schüsse zu hören waren. Die Angst sieht man in den Gesichtern.“
Einige Modelle fehlen. Kleine Zettel mit Ländernamen liegen an den Stellen, wo sie eigentlich stehen. Klaus Grafe sie schon vorsichtig in Kisten gepackt, die Vorbereitungen für seine nächste Ausstellung laufen. 180 Krippen werden in der Krypta von St. Notburga zu sehen sein. Vor zwei Jahren hat er schon einmal ausgestellt. Damals zeigte er aus jedem Land eine Krippe. Dieses Mal hat er sich einen anderen Schwerpunkt überlegt: Hauptsächlich werden asiatische und afrikanische Krippen zu sehen sein. „Ich habe gemerkt, dass ich gar nicht so viele Krippen aus Afrika und Asien habe. Da sind viele Länder, die keine Krippenkulturen haben oder wo es kaum Christen gibt.“
Grafe muss aufhören zu sammeln, er hat keinen Platz mehr. „Ich werde mich nur noch auf Raritäten und Krippen aus neuen Ländern fokussieren“, sagt er. Viele hat er in den letzten Jahren über Missionsorden gekauft, fair gehandelt. Reisende Freunde bat er, sich für ihn umzusehen. Und auch im Internet war er erfolgreich, bei Ebay. Selbst im Sommer ist Grafe auf der Suche. „Da ist die Auswahl nicht so groß, aber es sind auch weniger Interessenten unterwegs. Da habe ich schon einige Schnäppchen gemacht.“
“ Die Krippen sind ab Montag, 26. Dezember, bis Samstag, 7. Januar, in der Krypta von St. Notburga, Dechant-Stroux-Straße, zu sehen. Führungen nach Vereinbarung unter Tel. 02162/8902554. Geöffnet ist die Ausstellung am 26. Dezember von 10.30 Uhr bis 13 Uhr und 15 Uhr bis 18 Uhr. Werktags und Neujahr von 15 bis 18 Uhr. Silvester geschlossen.