Beim Kegeln sind noch Plätze frei

Der Freizeitsport bleibt beliebt, doch vor allem jüngere Leute haben oft andere Interessen. Das merken auch Gaststätten-Betreiber: Kegelbahnen sind oft nicht ausgebucht.

Willich/Tönisvorst. „Der Tag ist uns heilig, wir richten sogar unsere Urlaubsplanung danach aus“, sagt der 71-jährige Hans-Frieder Nöhles. Er meint jeden vierten Freitag, wenn er mit seinem Freunden vom Club „Se waggele“ in der Gaststätte „Zur Post“ in Anrath in die Vollen wirft. Gerade für viele Ältere ist das Kegeln ein beliebter und geselliger Freizeitsport geblieben. Es wird aber offenbar immer schwieriger, Jüngere dafür zu gewinnen. Die WZ hat sich mal umgehört.

Beim Kegeln sind noch Plätze frei
Foto: Kurt Lübke

„Die jungen Leute lieben nicht so die Regelmäßigkeit, eher die Spontanität“, sagt die Chefin von „Haus Vorst“, Nannette Slowick. Sie hat dort vor einigen Monaten ihr zehnjähriges Jubiläum gefeiert. Früher gab es in der beliebten Vorster Saal-Gaststätte zwei Bahnen. Eine wird schon länger als Schießstand für die Schützen genutzt. Natürlich gibt es Clubs, wie die „Gassenhauer“ oder „Quakfrösche“, die dort seit etlichen Jahren kegeln, aber nicht mehr so viele Freundeskreise wie in früherer Zeit. Etwa 25 Gemeinschaften sind es im Monat. Und nicht nur da sind vor allem von montags bis donnerstags noch Plätze frei.

Ähnlich äußert sich Rino Caruana. Er ist Geschäftsführer der renovierten St. Töniser Traditions-Gaststätte Haus Wirichs, die jetzt mit dem neuen Namen Ravvivi ein italienisches Flair bekommen hat. Caruana erläutert: „Früher hatte man in der Woche viel mehr Zeit, gesellig zusammen zu kommen, war man vor allem beruflich nicht so gestresst.“ Dennoch gibt es bei Ravvivi noch nahezu 40 Clubs, die sich im Monat auf den jetzt ebenfalls renovierten zwei Bahnen treffen. Einige kommen sogar aus Kempen oder Krefeld. Und wenn es seine Zeit erlaubt, kegelt Caruana noch selbst im Club „De Kulturtäsch“ mit. Auch bei ihm sind vor allem von montags bis mittwochs noch Termine frei.

Neben „Kulturtäsch“ will der Club „Se waggele“ noch möglich lange dabei bleiben. 14 Anrather hatten die Gemeinschaft vor über 52 Jahren gegründet. Nöhles erinnert sich: „Dies war auf einer Jagdhütte am Vorarlberg und bei einer Jugendfreizeitmaßnahme der katholischen Kirche.“ Mittlerweile gehören dem Club der 70-plus-Kegler noch acht Gründungsmitglieder an. Ähnlich ergeht es dem Anrather Herrenclub „Möt Schmackes“, den es ebenfalls seit Jahrzehnten gibt und bei dem etwa nur noch eine Handvoll Kegelfreunde dabei sind. In Anrath kann unter anderem auch in der Haus-Brauerei Schmitz-Mönk gekegelt werden.

„Es könnte noch etwas mehr sein“, sagt der Wirt der Schiefbahner Gaststätte „Zum Hirsch“, Jevtic Slavisa. Er hat noch zwei Kegelbahnen, etwa 20 Clubs und auch an den Freitagen noch Termine frei. Im Gegensatz zu Alt-Willich, wo zum Beispiel im Restaurant „Split“ an der Neußer Straße oder im „Haus Grootens“ noch die Vollen abgeräumt oder verschiedene Partien gespielt werden können, gibt es in Schiefbahn noch einige Möglichkeiten. So bei „Be dem Bur“ (Hoster) oder etwas vom Ortskern entfernt im Niederheider Hof, der schon lange „Casa Sierra“ heißt. Im frühere Hotel „Toplica“ an der Willicher Straße denkt man darüber nach, nach einer Renovierung des Restaurants wahrscheinlich im Herbst wieder mit einer Kegelbahn neu zu starten. Derzeit ist dort nur ein Hotelbetrieb mit neuem Eigentümer und Namen: „Schlafgut! Hotel-Will.Ich“.

Der Inhaber des Vorster „Tafelsilbers“, David Lünger, kennt nur noch aus alten Fotos die Zeit, als es noch in den 60er Jahren sogar draußen im Biergarten eine überdachte Kegelbahn gab. Damals gab es noch keine vollautomatischen Anlagen, mussten sogenannte „Pin-Jungs“ die Kegel nach jedem Wurf wieder aufstellen.

Das „Tafelsilber“ hatte bis vor etwa einem Jahr eine Kegelbahn. David Lünger, der dort seit fast fünf Jahren der Chef ist: „Wir haben die dann abgebaut, da wir zusätzlichen Platz als Lagerfläche und als Aufenthaltsraum brauchten.“

Der Wirt der Anrather Traditions-Gaststätte „Zur Post“, Ulrich Lohmanns, spricht davon, dass auf seinen zwei Bahnen der Betrieb vor etwa fünf bis sechs Jahren doch merklich zurück gegangen sei. Danach seien aber keine größeren Einbrüche mehr erfolgt. Auch dort können vor allem unter der Woche noch Kegelwünsche erfüllt werden.