Bilanz: Wie friedlich war der Zug?
Polizei und Rettungsdienst sprechen über viel Arbeit in Anrath. Stadt und Veranstalter widersprechen.
Willich/Tönisvorst. Auch die längste Karnevalssession des Jahrhunderts ist am Aschermittwoch vorbei. Gestern zogen Polizei, Rettungsdienst und Ordnungsbehörden eine Bilanz der „tollen Tage“ — für Anrath allerdings mit unterschiedlichen Ergebnissen.
Die Kreispolizei hat von Altweiber bis gestern Morgen 940 Einsätze gezählt. „Das sind rund 70 mehr als im Vorjahr“, sagt Sprecher Bernd Klein. „Auch die Zahl der Sachbeschädigungen war mit 14 doppelt so hoch.“ Positiv: Übergriffe auf Polizeibeamte hätten stark abgenommen.
Am Rande der Tulpensonntagszüge in St. Tönis und Anrath sei es zu Schlägereien gekommen. Wie die Kreisleitstelle dazu ergänzt, sei in Anrath für den Rettungsdienst besonders viel zu tun gewesen. „Am Tulpensonntag mussten wir im Kreisgebiet 82 Mal raus“, berichtet Michael Oyen, Leiter der Kreisleitstelle — die Hälfte der Einsätze sei in Anrath gewesen.
Dem negativen Eindruck widerspricht Martin Zinnel, Leiter der Willicher Ordnungsbehörde. „Wir hatten während des Zuges eine Schlägerei nach einem Familienstreit“, sagt er. Ansonsten sei es am Einsatzschwerpunkt Kirche „eher harmlos“ geblieben. Er sei sich deshalb nach Rücksprache mit der örtlichen Polizei einig: „Es ist nicht fair, den Anrather Zug so negativ zu sehen.“
Auch die hohe Zahl der Rettungseinsätze kann Zinnel nicht nachvollziehen. „Vor vier Jahren hatten wir 29 beim Zug, diesmal waren es vier.“ Wenn es im weiteren Verlauf des Sonntags zusätzliche Einsätze gegeben habe, dürfe man dafür nicht den Zug verantwortlich machen. „Denn der ist nach schwierigen Jahren auf einem guten Weg“, betont Zinnel. Was Frank Klingen („Aach Blenge“) als Veranstalter ähnlich sieht: „Es war der tollste und ruhigste Zug seit vielen Jahren.“
Unstrittig ist, dass es beim Nelkensamstagszug in Vorst zu Schlägereien kam. Die DRK-Bereitschaftsleiterin Annegret Backes hatte sich gegenüber der WZ entsetzt über die Randale gezeigt. Die Zusammenarbeit mit Polizei und Ordnungskräften habe aber gut funktioniert.
Unterstützung erhält Backes von Michael Steeg, Sprecher der Tönisvorster Feuerwehr. „Nur durch Euren freiwilligen Dienst lässt sich die Tradition der Karnevalsumzüge fortführen“, lobt er die DRK-Helfer. Und fügt an: „Umso schlimmer finde ich es, dass die Jugendlichen nur die Gelegenheit wahrnehmen, reichlich Alkohol zu sich zu nehmen, Helfer zu behindern, Sachbeschädigungen vorzunehmen und sich zu verprügeln.“ Spaß und Freud ohne Alkohol kenne diese Altersklasse nicht mehr.
Auch am Rande des Dülkener Zuges kam es zu Schlägereien. Ein 15-Jähriger erwartet nun eine Anzeige wegen gefährlicher Körperverletzung und Verstoßes gegen das Waffengesetz: Er hatte einen 16-Jährigen mit Pfefferspray attackiert.
Für den Rettungsdienst war Dülken am Altweiberdonnerstag und am Rosenmontag der Einsatzschwerpunkt. Engpässe in der Betreuung habe es — auch Dank der Unterstützung des DRK — nicht gegeben, so Oyen.