Bürgermeister Goßen im Interview: „Ich sehe der Wahl entspannt entgegen“

Ein Gespräch mit dem Tönisvorster Bürgermeister Thomas Goßen über seine bisherige Amtszeit und weitere Ziele.

Foto: Lübke, Kurt (kul)

Tönisvorst. In der Ruhe liegt die Kraft. Als Wahlkampfmotto wäre die Redewendung Bürgermeister Thomas Goßen auf den Leib geschrieben. Er pflegt einen unaufgeregten Stil. Entspannt und sachorientiert wirkt er im Redaktionsgespräch mit der WZ. Aber Politik-erfahren, wie der 43-Jährige trotz verhältnismäßig kurzer Parteizugehörigkeit ist, versteht er sich auch darin, Pluspunkte in eigener Sache hervorzuheben. Von seiner Wiederwahl ist er überzeugt.

Warum sind Sie der CDU beigetreten?

Thomas Goßen: CDU hat auch viel mit Personen zu tun. Albert Schwarz, mein Amtsvorgänger, und ich hatten ein besonderes Vertrauensverhältnis. Vielleicht könnten wir unterschiedlicher nicht sein. Aber es gab sofort eine Brücke zwischen uns. Ich komme aus einer niederrheinischen, katholisch geprägten Familie, die durchaus politisch war. Mein Vater war mal JU-Vorsitzender. Ich bin 2007 in die CDU eingetreten.

Sie treten an, um Tönisvorster Bürgermeister zu bleiben. Was treibt Sie an? Sie könnten auch als Jurist oder Vollzeit-Politiker arbeiten.

Goßen: Bürgermeister zu sein ist nicht Teil einer Lebensplanung. Meine Entwicklung von der Erziehungsurlaubs-Vertretung im Rechtsamt bis zum Bürgermeisteramt hat sich Schritt für Schritt entwickelt. Albert Schwarz hat mich ermuntert. Er wusste, die fachliche Kompetenz in diesem Amt würde in Zukunft immer wichtiger werden.

Haben Sie Ihren eigenen Stil als Bürgermeister gefunden oder würden Sie gerne etwas anders machen?

Goßen: Bürgermeister kann man nicht trainieren. Selbst gut vorbereitet muss man vom ersten Tag an losschwimmen. Man steht in einer besonderen Aufmerksamkeit, als Amtsinhaber und als Privatmensch. Da musste ich Abgrenzung lernen. Es muss auch noch den Menschen Thomas Goßen geben können, den Vater, Ehemann und Freund. lachend: Meine Kinder machen es von meiner Kleidung abhängig, ob ich gerade Papa oder Bürgermeister bin.

Was verbuchen Sie als Ihren Erfolg — abgesehen von der Kür der Apfelkönigin — in Ihrer Zeit als Bürgermeister?

Goßen: Ich bin in eine Amtszeit gegangen, in der wir in Tönisvorst eine bunte Situation vorgefunden haben — sechs Fraktionen, keine klassischen Mehrheitsverhältnisse und damit eine eher unübersichtliche politische Landschaft. Den Erfolg lese ich an der guten Basis der Zusammenarbeit ab, einer Quote von 80, 90 Prozent bei Themen, bei denen man gemeinsam immer wieder die Kurve bekommen hat. Als Bürgermeister versuche ich Brücken zu bauen. Erfolge sind Entscheidungen zur Schullandschaft. Wir haben in der Sekundarschule die beste Schüler-Lehrer-Relation. Ein Erfolg ist auch der Ausbau der U-3-Betreuung in den Kindertagesstätten. 2008 hatte wir 42 U3-Plätze, 2014 waren es 129. Die Plätze in der Tagespflege sind in dem Zeitraum von 25 auf 80 gestiegen.

Zählt das Kapitel Krankenhaus auch zu Erfolgsmeldungen?

Goßen: Ja. Das ist ein explizites Beispiel für die gute Zusammenarbeit der Fraktionen. Alle Entscheidungen wurden miteinander gefällt.

Was war Ihre größte Enttäuschung?

Goßen: Das Thema Baumarkt im Gebiet Höhenhöfe hätte ich gern gedreht. Es hätte schon einen Eröffnungstermin gegeben. Leider haben wir die Hürde des Wasserschutzes nicht genommen.

Mit welchen Sorgen wenden sich die Bürger an Sie?

Goßen: Die Anliegen sind so bunt wie die Kanäle, über die sie an mich herangetragen werden, über die Sprechstunde montags, per E-Mail, Telefon, persönlich oder über die Outdoor-Sprechstunde. Es geht oft um die Themen Kindergarten, Schule, Bauen und Baugebiete oder Nachbarschaftsstreit.

Ihre Beschreibung der Stadt in einem Hochglanzprospekt würde wie lauten?

Goßen: Tönisvorst hat eine enorme Qualität als Wohnort mit einer hervorragenden Qualität an Infrastruktur. Ein Beispiel sind die Schulen. Die geographische Lage der Stadt ist an Ballungsräume angebunden, gleichzeitig hat man das Ländliche vor der Tür. Hier ist die Welt noch in Ordnung, steht die Kirche noch im Dorf. Das ist ein liebenswertes Städtchen mit zwei Identitäten, mit Stadtteilen, die unterschiedlich sind und auch so ticken.

Welche Schwachpunkte machen Sie aus?

Goßen: Die doppelte Identität verursacht auch Reibungspunkte, aber der Beiname Apfelstadt hat in beiden Stadtteilen seine Wirkung und Auswirkung. Das wird gelebt. Eine Schwäche ist die Sandwichlage. Es gibt viele Veranstaltungen in den Großstädten drumherum, nur einen Katzensprung entfernt. Veranstaltungen wie Karneval oder Schützenfest, die Gemeinschaften prägen, haben es zuweilen schwer. Und: Wir sind Wohnstandort. Den großen Gewerbestandort hat es nicht gegeben, wird es auch nicht geben.

Stichwort Einzelhandel. . .

Goßen: Allgemein hat es der Einzelhandel in den Innenstädten schwer. Aber jeder sollte einmal seine eigenen Einkaufsgewohnheiten überdenken. Tönisvorst hat Potential. Wir reden hier ja nicht über Ein-Euro-Shops. Ein Einzelhandelsgutachten ist in Aufrag, die Bürger können sich mit Anregungen und Ideen einbringen. Aber vieles regelt der Markt, ist letztlich eine unternehmerische Entscheidung.

Sie haben es erneut mit Uwe Leuchtenberg, SPD, außerdem mit Rüdiger Eberpächer, UWT, zu tun. Wie schätzen Sie Ihre Chancen ein?

Goßen: Wir haben einen vernünftigen Arbeitsprozess hinter uns, viele gemeinsame Entscheidungen getroffen und können eine ordentliche Bilanz vorlegen. Ich möchte die Kontinuität. Ob es zu einer Stichwahl kommt, weiß ich nicht. Ich warte es entspannt ab.

Wenn Sie gewinnen, was tun Sie als Erstes?

Goßen: Beim Baugebiet Vorst-Nord ist der Knoten durch, der Denkmalschutz im Griff. Wir müssen zügig das Planverfahren abschließen. Inklusion ist ebenfalls ein Thema, das uns weiter intensiv beschäftigen wird.

Wie sieht der Plan B aus, wenn Sie Uwe Leuchtenberg unterliegen?

Goßen: Ich zitiere da mal einen Satz von Gerhard Schröder, der auf eine ähnliche gelagerte Frage im „Heute Journal“ sinngemäß geantwortet hat: „Ich habe wirklich zurzeit keine Veranlassung, mich mit dieser Frage zu beschäftigen.“ So halte ich es auch. Und das hat nichts mit Arroganz zu tun.