Plätze in Willich Kaiserplatz ist ein Ort mit vielfältiger Geschichte

Willich. · Einst hatten nicht nur die Besucher, sondern auch die Spitzbuben eine gute Aussicht. Damals befand sich am Kaiserplatz in Willich das Polizeigefängnis. Ein Platz mit vielfältiger Geschichte.

Einst hatten nicht nur die Besucher, sondern auch Verbrecher eine gute Aussicht. Damals befand sich am Kaiserplatz das Polizeigefängnis.

Foto: Norbert Prümen

Leon ist mit voller Konzentration bei der Sache. Der Sechsjährige ist damit beschäftigt, sein kleines Kunststoffboot auf den langgezogenen Wellen der Skulptur „Wasser Welle Willich“ aufzusetzen. Kaum hat er das Boot auf dem Wasserfilm austariert und losgelassen, flitzt es die Wellen des Kunstwerkes hinunter, um Sekunden später gemütlich den Wasserlauf, der sich quer über den Kaiserplatz zieht, entlangzuschippern. Stück für Stück begleitet Leon trockenen Fußes sein Boot, um es am Ende erneut an den Startpunkt zu bringen. „Das gefällt mir. Die Wasserrinne ist das Schönste auf dem Platz“, sagt Leon, der von dem Wasserspiel gar nicht genug bekommen kann, während sein Vater gemütlich auf einer der Bänke sitzt und zusieht.

Willich, Kaiserplatz Leon

Foto: Norbert Prümen

Aber nicht nur der kleine Junge genießt das Wasser. „Es ist einfach schön, wenn man hier sitzt und das Wasser rauschen hört. Man kann abschalten. Es sind keine Autos zu sehen, stattdessen gibt es viel Grünes und Blühendes. Der Kaiserplatz hat einen hohen Erholungswert“, sagt Monika Bellmann, die es sich ebenfalls auf einer der Bänke bequem gemacht hat. Dass hinter ihr die Straße vorbeiführt, wird durch die Buchenheckenstücke, die jede Bank im Rücken hat, optisch unterdrückt. Für angenehmen Schatten sorgen die Bäume, während große Pflanzkübel mit ihrer Blütenpracht sowie Rosen an einer alten Backsteinmauer für die Farbtupfer gedacht sind. „Früher war der Kaiserplatz usselig. Jetzt gefällt er mir. Der Platz hat sich gut entwickelt“, sagt Ilse Thiel.

Monika Bellmann (l.) und Ilse Thiel gefällt der Platz.

Foto: Norbert Prümen

Sehr idyllisch, lautet auch das Urteil von Susanne Eßer. Die Düsseldorferin ist mit ihrer dreijährigen Tochter Maja erstmals auf spontanem Willich-Besuch und zeigt sich vom Kaiserplatz angenehm überrascht. „Wir kommen wieder. Zumal das Eis sehr lecker ist“, sagt sie und lacht, während sie zusammen mit ihrer Tochter auf einer der Bänke sitzt und Eis im Hörnchen genießt.

Rote 3D-Couch ist
an die Wand montiert

Willich, Kaiserplatz Stephan Rudolph, Vater von Leon

Foto: Norbert Prümen

Der Kaiserplatz bietet aber nicht nur Wasser mit einer Skulptur, Sitzplätzen und Spielgeräten für Kinder. An der langen Mauer, deren alte Fenster noch zu erkennen sind, ist Kunst zu entdecken: In den Fenstern zeigen Schwarz-Weiß-Aufnahmen, wie der Platz in früheren Jahren ausgesehen hat. Dazu gibt es eine an der Wand montierte rote 3D-Couch. „Gestern hing hier eine Leinwand mit Strand, Palmen und Meer. Viele haben sich vor dieser Kulisse fotografiert. Der Kaiserplatz ist nicht nur schön, auf ihm findet auch viel in Sachen Kunst statt“, lobt Stephan Rudolph.

Der Kaiserplatz hat eine lange Geschichte. Am 7. März 1889 beschloss der Rat der damaligen Gemeinde Willich, im Nordosten des Dorfes einen neuen Marktplatz anzulegen. Zwei Dinge müssen eine Rolle gespielt haben. Zum einem nahmen die Pläne für einen Neubau der Kirche St. Katharina immer konkretere Formen an. Das wiederum hätte eine Verkleinerung des alten Marktes mit sich gebracht. Eine Alternative war also vonnöten. Zudem ging es der Gemeinde gut, und ein repräsentativer Platz schien
passend.

Außerdem bot sich damit die Möglichkeit, alle bislang im Ort verteilten und schlecht untergebrachten öffentlichen Gebäude an einer Stelle zu bündeln. Die Gemeinde erwarb das benötigte Land. Gleichzeitig wurde der Name festgelegt, der schon damals Kaiserplatz lautete. Noch im selben Jahr wurde der Platz angelegt. Im November 1889 waren die Arbeiten abgeschlossen, und der Platz erhielt eine Bepflanzung mit Lindenbäumen. Das Bauen ging weiter. Das Willicher Rathaus platzte aus allen Nähten. Ein neues musste her. Am 21. Mai 1891 verfasste der Gemeinderat einen entsprechenden Beschluss und stellte damit die Weichen für einen Neubau.

Die Grundsteinlegung folgte am 29. August 1891. Bereits im Sommer 1892 war der neue Verwaltungssitz fertig. Die Gemeinde Willich wuchs, der Bau war bald zu klein und erhielt dementsprechend 1909 einen Anbau von zwei Diensträumen. 1916 erfolgte die Aufstockung des Hintergebäudes. Aber nicht nur das Rathaus zierte den Kaiserplatz. 1892 wurden unmittelbar daneben ein neues Spritzenhaus und ein neues Polizeigefängnis gebaut. Beim Spritzenhaus stellte sich schnell heraus, dass es schon damals zu klein geraten war. Bereits 1908 erfolgte ein Neubau eines Geräthauses samt Übungsturm, und zwar genau gegenüber. Das alte Spritzenhaus wurde danach nur noch als Lager- und Geräteschuppen genutzt. 1938 wurde der Platz mit Ahornbäumen bepflanzt und die Gehsteige plattiert. 1951 folgte eine Neugestaltung des Rathausvorplatzes. Vier Jahre später kam es zur Einrichtung eines Parkplatzes. Genau zehn Jahre später beschloss der Rat die Kanalisierung und Befestigung des Kaiserplatzes. Einen Anbau für das Feuerwehrgerätehaus gab es 1965. Er wurde Ende 2009 abgerissen.

Der Altbau von 1908 blieb dagegen erhalten. Er wurde in die neu gebaute Altenwohnanlage namens „Wohnpark Kaiserplatz“ integriert, die im Mai 2013 bezogen wurde. Den heutigen Kaiserplatz verdanken die Bürger einem städtebaulichen Wettbewerb von 2006, dessen Umsetzung im November 2014 begann. Das Rathaus hat seine Funktion durch all die Jahre behalten. Noch heute beherbergt es einen Teil der Verwaltung. Das alte Gefängnis hingegen ist den Bürgern als Senioren-Begegnungsstätte
bekannt.