Ratssitzung in Tönisvorst Haushalt mit schwarzer Null verabschiedet

Tönisvorst · Die Stadt Tönisvorst hat am Donnerstag einen Haushalt verabschiedet, der eine schwarze Null ausweist. Möglich ist das vor allem durch eine Vielzahl zulässiger Bilanztricks, die eine knappe Mehrheit in Anspruch nehmen will.

Kämmerin Nicole Waßen (links) und Bürgermeister Uwe Leuchtenberg legten einen Haushalt vor, der nach vielen bilanziellen Tricks am Ende doch noch eine schwarze Null ausweist.

Foto: Stadt Tönisvorst

Der Haushaltsentwurf für 2024 ist mit knapper Mehrheit verabschiedet. Die Diskussion um das Zahlenwerk im Stadtrat war bemerkenswert. Am Ende stand ein Antrag von Marcus Thienenkamp (FDP) im Raum, „nicht alles zu tun, was erlaubt ist.“ Gemeint war die gesetzliche Änderung, das Haushaltsdefizit ins Jahr 2025 schieben zu können. Davon solle die Stadt Abstand nehmen und damit gleichsam freiwillig in die Haushaltskonsolidierung rutschen. Neue Anträge verschiedener Fraktionen, die sich auf 2,52 Millionen Euro summierten, hätten bewiesen, „dass wir HSK-bedürftig sind, weil wir uns nicht selbst maßregeln können.“ Dazu kam es dann doch nicht. Die Verwaltung hielt ihre Beschlussvorlage gegenüber dem FDP-Antrag für weitergehender.

Die knappe Ratsmehrheit aus SPD, Grünen, GUT und UWT stimmte dann für den Haushaltsentwurf wie von der Verwaltung vorgeschlagen. Für Thienenkamp war dieses Vorgehen „völlig neben der Spur“. Schon vorher hatte Anja Lambertz in ihrer Haushaltsrede für die CDU an die Ratskollegen appelliert: „Die Zeiten, wo man sich alles leisten konnte, sind schon längst vorbei. Das muss auch die Politik begreifen.“ Aufgrund der finanziellen Lage müssten alle Abstriche machen und sich den finanziellen Möglichkeiten anpassen. Es blieb die einzige Haushaltsrede.

Noch im Herbst hatte Kämmerin Nicole Waßen mit einem Defizit von 10,455 Millionen Euro gerechnet. Der jetzt beschlossene Haushaltsentwurf weist dagegen eine schwarze Null aus. Möglich macht das eine trickreiche Änderung der Landesgesetzgebung: Das dritte NKF-Weiterentwicklungsgesetz erlaubt den verschuldeten Kommunen einen Verlustvortrag, mit dem das Minus von 2024 in das Jahr 2025 geschoben werden kann. Das neue Landesgesetz ermöglicht zweitens, einen „globalen Minderaufwand von zwei Prozent“ geltend zu machen. Mit diesem Zauberbegriff spart die Stadt Tönisvorst 1,9 Millionen ein. Weil die meisten Kommunen nicht alle Aufwendungen voll ausgeben – was sich in der oft besseren Ergebnisrechnung zum Jahresende niederschlägt, können die Kommunen jetzt sofort mit dem Rasenmäher alle Ausgaben um zwei Prozent kürzen. Dritter Punkt für Tönisvorst ist ein Vorgriff auf die Zukunft: Durch die Entwicklung von neuen Wohnbaugebieten werden in den Jahren 2026 und 2027 durch Grundstücksverkäufe jeweils 5,1 Millionen Euro erwartet. Dadurch werde sich die Haushaltslage in diesen Jahren deutlich verbessern.

Die Ausgaben im Haushalt 2024 belaufen sich auf 95,6 Millionen Euro, also knapp 100 Millionen. Für das Schuldenloch ist nicht die Stadt Tönisvorst allein verantwortlich, auch nicht die Politik, auch wenn noch in der Ratssitzung weitere schuldenrelevante Anträge gestellt wurden. Alle Kämmerer in der Region beklagen, dass die Kommunen von Bund und Land unterfinanziert seien, beide den Kommunen immer weitere Aufgaben übertragen, etwa Anspruch auf einen OGS-Platz ab 2026, ohne für die entsprechende finanzielle Unterstützung zu sorgen. Auch bei der Unterbringung und Versorgung der Geflüchteten übernimmt der Bund nicht die vollen Kosten. Die Schlüsselzuweisungen von Bund und Land schwanken jedes Jahr. Grob gesprochen: Gibt es mal mehr Gewerbesteuereinnahmen, schmälert das die Schlüsselzuweisungen im kommenden Jahr.

Auch bei den Ausgaben steht das meiste bereits fest: Allein die Transferleistungen in Höhe von 37 Millionen Euro machen knapp 39 Prozent der Gesamtaufwendungen im Jahr 2024 aus. Zu den Transferleistungen zählen die Kreisumlage und der Anteil für das Kreisjugendamt. Dazu kommen die Aufwendungen für den Verkehrsverbund. Für das Personal, das in der Tarifrunde teurer wurde, werden rund 26 Prozent des Haushaltes benötigt. Transferleistungen und Personalkosten machen über 60 Prozent des Ausgabenvolumens aus.

Trotzdem kann noch investiert werden: Der Haushalt 2024 sieht Bauinvestitionen in Höhe von 9,5 Millionen Euro allein für die Schulen vor. Allein der Erweiterungsbau für die Grundschule Corneliusstraße verschlingt 6,5 Millionen Euro.