Hektik nach Giftunfall

Grosseinsatz: In einer Spedition in Neersen ist eine Chemikalie ausgelaufen.

Neersen. "Wir haben erst gedacht es brennt", sagt Heinz-Willi Pelzer, Anwohner der Virmondstraße, und schaut auf das Blaulichtmeer vor ihm. Zahlreiche Feuerwehrwagen, Polizeiautos und Krankenwagen stehen auf dem hinteren Ende der Straße in Höhe des Getränkemarktes. Einsatzkräfte laufen umher. Was war passiert? Kein Brand, ein Chemieunfall.

"Bei Umladearbeiten in einer Spedition ist am Mittag ein Fass mit einer schwefelhaltigen Flüssigkeit beschädigt worden", sagte Kreisbrandmeister Klaus Riedel gegenüber der WZ. Ein 65-jähriger Gabelstapler-Fahrer aus Moers hatte das 300-Liter-Fass an einer Seite aufgerissen. Er und ein Lastwagen-Fahrer (30) aus Ungarn wurden in der Folgezeit von Unwohlsein befallen und informierten Notarzt und Feuerwehr.

Kurz nach Eintreffen der Notärztin, begannen mehrere Mitarbeiter sich zu übergeben. Zudem klagten sie über Schwindelgefühl. "Da die Ärztin über mögliche Gefahren der Chemikalie nicht genau Bescheid wusste, ließ sie die mit der Flüssigkeit in Kontakt gekommenen Mitarbeiter in Krankenhäuser einliefern", erzählt Riedel und ergänzt: "Weil es sich insgesamt um 16 Betroffene handelt, musste der Notruf ,Massenunfall von Verletzten’ ausgerufen werden." Weitere Mitarbeiter und solche der benachbarten Unternehmen wurden für die Zeit des Einsatzes in einer Halle im Gewerbegebiet untergebracht.

Vor allem um die vielen Geschädigten in die Krankenhäuser zu bringen, wurden Einsatzkräfte aus dem gesamten Kreisgebiet angefordert. Wie sich herausstellte, kann die Flüssigkeit dem Menschen in einem Umkreis von 50 Metern tatsächlich gefährlich werden. Klaus Riedel: "Bei der ausgelaufenen Chemikalie handelt es sich um Dodecylmercaptan. Die Flüssigkeit ist schwefelhaltig und kann bei näherem Kontakt Lungenödeme auslösen - sogar bis zu 48 Stunden später." Nachdem die Geschädigten behandelt und in Krankenhäuser gebracht wurden, war die Feuerwehr vor allem damit beschäftigt, das defekte Fass zu beseitigen und die Flüssigkeit aufzusaugen.

"Halten sie Türen und Fenster geschlossen", verkündete die Polizei über Lautsprecher. Die Substanz sei nicht gefährlich, stinke aber sehr. Eine Anwohnerin zeigte sich jedoch skeptisch: "Ich glaube nicht, dass nur ein Fass ausgelaufen ist. Schließlich sind hier mehrere Fahrzeuge vom Katastrophenschutz eingetroffen."

Die Feuerwehr war mit über 40 Fahrzeugen und rund 100 Einsatzkräften vor Ort, die Polizei mit weiteren 30 Beamten.