Kriminalität: Straftat – ein Fall für die Polizei

Das denken Schulleiter über die neue Pflicht, Straftaten von Schülern anzuzeigen.

Willich/Tönisvorst. Beging ein Schüler auf dem Pausenhof bisher eine Straftat, griff er beispielsweise einen Mitschüler tätlich an oder raubte ihn aus (das so genannte "Abzocken") riskierte er zumindest einen Schulverweis. Den Weg in das Polizeiliche Führungszeugnis fand die Straftat aber meist nicht. Das soll sich jetzt ändern. Die Landesregierung möchte, dass Lehrer alle Straftaten ihrer Schüler bei der Polizei melden. Doch ist das in der Praxis überhaupt umsetzbar? Die WZ hat bei Schulleitern nachgefragt.

"Es ist ganz wichtig, dass Polizei und Schulen zusammenarbeiten", begrüßt Joachim Schöpke, Direktor des Lise-Meitner-Gymnasiums in Anrath die neue Richtlinie. "Vor allem der präventive Aspekt daran ist sinnvoll. Straftaten sollen also nicht nur gemeldet werden, sondern erst gar nicht passieren. Wir werden das Gesetz auf jeden Fall umsetzten."

Im Gegenzug zur Meldepflicht der Lehrer soll nun auch die Polizei die Schulen über kriminelles Verhalten ihrer Schüler informieren. "Das ist von unserer Seite aus auf jeden Fall gewünscht", sagt Schöpke. Erfahrungen mit kriminellen Schülern hat der Direktor an seiner Schule erst wenige machen müssen. "Zum Glück sind Straftaten bei uns kein großes Thema. Wenn mal etwas passiert, sind das Vandalismusdelikte, die auch häufig nicht auf unsere Schüler zurückzuführen sind."

Anders scheint die Situation an der Hauptschule Johannesschule in Anrath zu sein. "Straftaten, die bei uns vorkommen, sind das ,Abzocken’ anderer Schüler, Schlägereien und auch Mobbing", berichtet Leiterin Karin Kirchmair. Die Umsetzung der Anzeigenpflicht hält die Pädagogin nach eigener Aussage "für sehr schwierig" und begründet: "Ich bin als Lehrer nicht juristisch ausgebildet und kann im Zweifelsfalle nicht genau sagen, wobei es sich um eine Straftat handelt und wobei nicht."

Den Haupteinwand formuliert sie klar: "Wir sollen ja auch erzieherisch auf die Schüler einwirken. Die Schule kann, bezogen auf verübte Straftaten, auch vieles selber regeln. Insofern nimmt man uns ein wenig die Entscheidungsfreiheit." Zwar befürwortet Kirchmair eine enge Vernetzung zwischen Schulen und Polizei, doch "ich setze einfach mehr auf die erzieherische Komponente". Ein Beispiel für eben diese schildert sie in gerade passierten Vorfall. "Eine zuerst verbale Auseinandersetzung zwischen zwei Mädchen hat sich derart hochgeschaukelt, dass sie sich körperlich angegriffen haben. Gespräche zwischen den Beteiligten und unserer Schulpädagogin haben das Problem aber gelöst. Das halte ich für eine bessere Maßnahme, als solche Vorfälle sofort anzuzeigen."

Bei größeren Straftaten kennt die Frau allerdings kein Pardon. "Wenn zum Beispiel mit Drogen gedealt wird, was nur noch selten vorkommt, gehe ich durchaus zur Polizei - wenn’s geht auch mit den Eltern der Schüler." Haben Straftaten von Jugendlichen zugenommen? "Ich würde sagen, dass sie schneller bereit sind zuzuschlagen", ist Kirchmair der Ansicht. "Darüber hinaus sind sie auch etwas unbeherrschter. Die Aggressionen sind höher als früher."

Margret Peters, die Leiterin des St. Bernhard Gymnasiums in Schiefbahn, findet es generell sinnvoll, bei Straftaten die Polizei hinzu zu ziehen. "Wir arbeiten seit längerem vertrauensvoll mit der Polizei zusammen. Für uns ist die neue Regelung also kein Problem." Allerdings sieht sie die Hinzunahme der Polizei nicht in allen Fällen als notwendig an. "Bei kleineren Rangeleien zum Beispiel ist es unsere Aufgabe als Pädagogen, dass wir dies lösen." Dass auch die Polizei die Schulen über mögliche Straftaten informiert, begrüßt Peters. "Es gibt viele neue Formen von Kriminalität, wie Beleidigungen und Verunglimpfungen von Personen im Internet - vor allem in solchen Fällen würden wir gerne informiert werden."

Inhalt In dem Erlass verpflichtet die Landesregierung die 6300 Schulen im Land, ab sofort härtere Straftaten von Schülern bei der Polizei anzuzeigen. Die Anzeigepflicht gilt auch für strafunmündige Schüler unter 14 Jahre.

Die Polizei Im Gegenzug informiert die Polizei die Schulen über kriminelles Verhalten ihrer Schüler außerhalb der Schule.