Eröffnung der Theater-Spielzeit im Forum

Friedrich Schillers „Der Parasit“ wurde St. Tönis aufgeführt.

St. Tönis. Eine wunderschöne Eröffnung der Spielzeit-Saison. Das ist dem Stadtkulturbund mit der Aufführung "Der Parasit" von Friedrich von Schiller gelungen.

Das Stück trägt den Untertitel "Oder die Kunst sein Glück zu machen", und zeigt den faulen Beamten Selicour, der mit Hilfe von Schmeichelei und Intriganz Karriere macht und dabei über Leichen geht: Um sich bei der Sekretärin des neuen Ministers Narbonne beliebt zu machen, wirft er seinen alten Weggefährten La Roche aus der Stellung und besetzt sie mit ihrem Neffen. Kommt es hingegen auf Intelligenz und Geist an, betrügt er seinen bescheidenen Kollegen Firmin um die Früchte seiner Arbeit, denn Firmin ist zu feige, um sich durchzusetzen und gibt vor, immer nur dem Staat dienen zu wollen. Müsste man Herz zeigen - wenn es um die Tochter des Ministers geht - schwatzt Selicour dem jungen Karl Fermin dessen Gedichte ab und gefährdet damit um ein Haar die Liebe der beiden.

Für die Handlung benutzte Schiller die Vorlage des Franzosen Picard. Sie ist hochaktuell, kaum einer der Zuschauer, der sich nicht an die Zustände in seinem Arbeitsumfeld erinnert fühlte. Schiller hat das Stück in Prosa verfasst. Seine Sprache ist in ihrem Differenzierungsvermögen sehr gut verständlich und elegant. Die Regie von Annette Raffalt versetzt die Handlung in die Gegenwart, die Schauspieler zeigen sich mimisch und sprachlich von ihrer besten Seite. Wolfgang Grindemann, bekannt als Rolf Biedermann aus "Gute Zeiten - Schlechte Zeiten" der Jahre 1997 bis 2001 gibt einen wunderbaren Schleimer Selicour. Seine Bemühungen, nirgendwo anzuecken sind eben auch witzig. Wie er ständig ein Mundspray benutzt, das reizt die Zuschauer im ausverkauften Forum Corneliusfeld immer wieder zum Lachen.

Dietmar Pröll gibt seinen Gegenspieler La Roche, der auf dem geraden Weg nicht weiter kommt. Doch dann geht er bei Selicour gründlich in die Schule. Durchschaut ihn, übertrifft ihn gar. Diese Wandlung bringt Pröll überzeugend wie in augenzwinkerndem Dialog mit dem Publikum. In Schillers Stück siegt das Gute. Selicour wird entlarvt. Vater (Michael Schories) und Sohn Firmin (Marco Mehring) erhalten den verdienten Lohn.

Im Schlusssatz offenbart der Minister (Klaus Nierhoff, bekannt aus der Lindenstraße) den Idealisten Schiller als Realisten und Skeptiker. "Der Schein regiert die Welt, und die Gerechtigkeit ist nur auf der Bühne."

Sehr zum Vergnügen der Zuschauer wird der Schluss dreimal gespielt. Es muss nicht viel verändert werden, und abwechselnd gewinnen La Roche oder Selicour das Spiel.