Johannesschule Leises Ende für die Hauptschule in Anrath
Der letzte Jahrgang hat die Anrather Johannesschule verlassen. Damit endet ein Stück Willicher Geschichte.
Willich. Die letzten Schüler haben die Johannesschule bereits am vergangenen Freitag verlassen. „Und ich selbst räume heute mein Büro“, erzählt Alfred Neubert, kommissarischer Leiter der Anrather Hauptschule, im kurzen Telefonat mit der Westdeutschen Zeitung. Damit endet still und leise ein wichtiges Stück Willicher Schulgeschichte. Was die WZ zum Anlass für einen Rückblick mit Wehmut nimmt.
„Die Johannesschule hatte lange eine enorm wichtige Bedeutung für die Stadt“, sagt Stadtarchivar Udo Holzenthal. Eingeweiht worden war sie am 31. Juli 1952 — der 65. Geburtstag hätte also Ende des Monats gefeiert werden können.
Warum wurde die Schule überhaupt gegründet? Anlass war Raumnot in der Alleeschule. Der Gemeinderat beschloss deshalb Ende 1950 den Bau einer neuen Volksschule. Der Grundstein wurde am 12. April 1951 gelegt. Die Kosten betrugen etwa 531 000 Mark, wozu die Gemeinde 106 000 beisteuerte. In seiner Sitzung am 5. November 1954 vergab der Gemeinderat den Namen „Johannesschule“ — nach dem Pfarrpatron.
Die Vielzahl der Vertriebenen, die nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs eine neue Heimat in Anrath gefunden hatten, ließ die Schule wachsen. 1956 wurde eine Sonderklasse für Übersiedler eingerichtet. Die Kinder aus den ehemaligen Ostgebieten wohnten damals auf Haus Broich.
1968 wurde die Johannesschule im Rahmen der Schulreform in eine Gemeinschaftshauptschule umgewandelt. Es folgten Jahre des stetigen Wachstums. 1975 wurde der erste Anbau mit vier Klassen und zwei Fachräumen fertiggestellt. Weitere Erweiterungen folgten 1993 und 1998. Denn im damaligen Schulentwicklungsplan wurde der Johannesschule, mittlerweile die einzige Hauptschule der Stadt, eine dauerhafte Zweizügigkeit bescheinigt. Für zwei Züge waren die vorhandenen Gebäude aber zu klein.
Mehr noch: 1995 erkannte die Bezirksregierung die Notwendigkeit eines dritten Zuges an. Weshalb ein weiterer Neubau beschlossen wurde. Die Einweihung erfolgte am 15. August 1998. Damit war die Zeit der Behelfs-Container und des Pendelverkehrs zur Alleeschule, die vorübergehend als Dependance gedient hatte, beendet. Im November 2005 wurde sogar ein weiterer neuer Trakt mit vier Unterrichtsräumen eröffnet.
Die erst vor eineinhalb Wochen besiegelte Partnerschaft der Stadt Willich zu Smiltene — 1997 hatte sie ihren Anfang an der Johannesschule genommen. Denn damals wurde dort eine offizielle Partnerschaft zum Gymnasium der lettischen Stadt beschlossen. Diese internationalen Aktivitäten wurden konsequent weitergeführt, bis im März 2009 die Johannesschule sogar als Europaschule zertifiziert wurde. Sie war landesweit die erste Hauptschule, der diese Ehrung zuteil wurde.
Froh und stolz mache dieser Titel, hieß es beim Festakt im Juni 2009. Doch nur zwei Jahre nach diesem Moment der Freude folgte der Moment der Trauer: Am 21. November 2011 sprach sich der Schulausschuss für die Einrichtung einer zweiten Gesamtschule im Stadtgebiet aus. Diese Entscheidung beinhaltete gleichzeitig die Schließung der Johannesschule. Deren Anmeldezahlen waren in den Jahren zuvor stetig zurück gegangen: Für das Schuljahr 2011/2012 hatte nur eine Eingangsklasse gebildet werden können. Es war die letzte in der Johannesschule, die damals aufgenommen Schüler haben vergangenen Freitag ihre Abschlusszeugnisse bekommen.
P.S. Das Leben geht weiter — auch in der Johannesschule. Am 15. Dezember 2011 folgte der Beschluss, die Sekundarstufe II der neuen Gesamtschule in den bisherigen Gebäuden der Hauptschule unterzubringen. Nach den Ferien werden die ersten Jugendlichen aus Schiefbahn dort einziehen.
Zum Ende des Schuljahres läuft auch die Willi-Graf-Realschule aus. Darüber berichten wir in einem weiteren Artikel.