Lesetipp aus Tönisvorst Ein Krimi voller Nervenkitzel und überraschender Wendungen

Tönisvorst · Carmen Alonso, Leiterin der Bibliothek in Tönisvorst, stellt Bücher vor, die sie zur Lektüre empfiehlt. Heute: Der Roman „Das Haus am Gordon Place“ von Karina Urbach.

Carmen Alonso stellt die Lesetipps vor.

Foto: Marc Schütz

London 2024. Während einer Recherchereise, die Geschichtsprofessor Hunt nach New York führt, wird in seiner Wohnung im noblen Viertel South Kensington sein Nachbar ermordet. Was Gerad Fraser in der Wohnung des Professors suchte und warum zudem noch eine Wand unter der Fensterbank aufgestemmt wurde, kann sich der Professor nicht erklären. Dass ihn nach seiner sofortigen Rückkehr in die Heimat aber nicht die Polizei, sondern mit Emma Spencer eine hochrangige Beamtin des Geheimdienstes MI6 erwartet, findet er zunächst auch sehr merkwürdig. Aber dafür findet sich schnell eine plausible Erklärung: Denn die Vorbesitzerin von Hunts Wohnung, Daphne Parson, war eine ehemalige Agentin des MI6, eingesetzt im Wien des Jahres 1948.

Unter der sowjetischen Botschaft wird ein Tunnel gegraben

Wien war damals wie Berlin eine in Sektoren aufgeteilte Stadt. Der Kalte Krieg war in vollem Gange. Die Westalliierten waren sehr besorgt, dass nach Ungarn und der Tschechoslowakei auch Österreich unter sowjetischen Einfluss geraten könnte. Daphne Parson, die Vormieterin, arbeitete damals in einem der Tunnel, die der englische Geheimdienst unter der Botschaft der Sowjetunion gegraben hatte, um deren Telefongespräche abzuhören.

Bei ihren Nachforschungen 2024 ermitteln Professor Hunt und Emma Spencer nun zu ihrer Überraschung, dass auch noch andere Bewohner des Hauses am Gordon Place Verbindungen zu verschiedenen Agenten und Agentinnen der damaligen Wiener MI6-Gruppe hatten. Sie vermuten deshalb, dass das Mordmotiv in der Vergangenheit zu suchen ist.

Der Roman „Das Haus am Gordon Place“ spielt auf zwei Zeitebenen: 2024 versucht Emma Spencer mit Hilfe des Geschichtsprofessors herauszufinden, ob es eine Verbindung zwischen dem ermordeten Gerald Fraser und der Vorbesitzerin der Wohnung gab; der andere Zeitstrang führt die Leser zurück in das Wien des Jahres 1948, wo sich die Geheimdienste der Siegermächte gegenseitig bespitzelten und bekämpften.

Dieser Roman ist eine faszinierende Mischung aus Krimi und historischem Agententhriller, außerordentlich spannend erzählt. Während im London der Gegenwart der Professor versucht herauszufinden, warum der Geheimdienst immer noch seinen ehemaligen Agenten hinterher ermittelt, spielt sich im Wien der Nachkriegszeit ein nervenaufreibendes Agenten-Drama ab, mit einigen unerwarteten Wendungen. Eine der spannendsten Szenen des Romans, sozusagen das i-Tüpfelchen des Wienkapitels, ist die Verknüpfung eines riskanten Agenteneinsatzes mit den Dreharbeiten zu dem Film „Der dritte Mann“.

Die Autorin Karina Urbach, promovierte Historikerin aus Düsseldorf, lebt und arbeitet an der Universität in Cambridge. Sie gilt als Expertin für das britische Königshaus und hat als weiteres Fachgebiet die Geschichte der Geheimdienste. Im Nachwort erfährt man, dass der Roman auf vielen historischen Fakten beruht: Die Tunnel hat es tatsächlich gegeben, die Filmcrew hat tatsächlich für den MI6 gearbeitet und auch die Protagonistin Daphne Parson gab es wirklich, diese Hauptfigur basiert auf einem authentischen Vorbild. Wenn man dann noch liest, dass der Vater der Autorin in den 50er Jahren für den amerikanischen Geheimdienst gearbeitet hat, wundert man sich nicht mehr, warum Karina Urbach so authentische und spannende Thriller schreiben kann!