Medeor startet sein größtes Projekt
Das Vorster Hilfswerk hat in Tansania eine Fabrik aufgebaut, in der ein Aids-Medikament produziert wird.
Vorst/Daressalam. Für Bernd Pastors und die „action medeor“ ist das Projekt ein Meilenstein: Am Donnerstag will das Vorster Hilfswerk in Tansania eine Pharmafabrik eröffnen. „Da stecken sechs Jahre harte Arbeit drin“, sagt Pastors, geschäftsführender Vorstand — und auch viel Geld: Fünf Millionen Euro stellte die EU für das Vorhaben zur Verfügung, die einheimische Arzneimittelfabrik TPI als Partnerbetrieb eine dreiviertel Million Euro.
Das Hilfswerk selbst ist mit 500 000 Euro Spendenmitteln dabei. Ab Frühling 2012 sollen in dem Betrieb Aids-Medikamente hergestellt werden.
Die Zahlen sind dramatisch: Mehr als 30 Millionen Menschen auf der Welt sind nach dem Weltaidsbericht der Vereinten Nationen mit HIV infiziert. Afrika ist am stärksten betroffen — und dort vor allem die ärmsten Länder wie Tansania. Hier setzt die Hilfe von medeor an. Den infizierten Menschen sollen preisgünstige, qualitativ hochwertige Medikamente zur Verfügung gestellt werden.
Da sie in Tansania selbst hergestellt werden, schaffe man dort Arbeitsplätze und mache so ein ganzes Land unabhängig vom Weltmarkt, erläutert Bernd Pastors. Damit werde im Übrigen eine ganz alte Forderung umgesetzt: Arme Länder produzieren vor Ort ihre eigene Hilfe.
„In dem Betrieb werden fast nur Einheimische arbeiten. Das ist Nachhaltigkeit“, betont er. Nicht nur die eigenen Mitarbeiter, sondern auch die der lokalen Aufsichtsbehörde für die Medikamentenherstellung werde man nach den anerkannten und erprobten Standards der Weltgesundheitsbehörde (WHO) qualifizieren.
Für medeor betreut der Apotheker Christoph Bonsmanns in der 300 000-Einwohner-Stadt Arusha das Projekt. Eine wahre Herkulesaufgabe: Er hatte unter anderem mit schlechter Infrastruktur und oft fehlender Stromversorgung zu kämpfen. Auch war es gelegentlich schwierig, von der Regierung die richtigen Informationen zu richtigen Zeit zu bekommen. So zum Beispiel als es um die Frage ging, welche konkreten Aids-Mixturen das Gesundheitsministerium des Landes zur Herstellung empfehlen wird.
Solche Fragen sind mittlerweile geklärt und die entsprechenden Produktentwicklungspläne liegen vor. Doch Überraschungen gibt es weiterhin. So wurde die eigentlich am Weltaidstag (1. Dezember) vorgesehene feierliche Eröffnung des Betriebes durch den Staatspräsidenten kurzfristig abgesagt. Dann gab’s plötzlich doch grünes Licht. Allerdings lässt sich der Staatspräsident vertreten.
„Wir werden auf jeden Fall mit der Produktion beginnen“, sagt medeor-Sprecherin Susanne Haacker. Zunächst wird die kleine Fabrik aber nicht das neue Aids-Präparat herstellen, sondern unter anderem ein Antibiotikum. So soll die Fabrik quasi auf Leistungsfähigkeit gebracht werden.
Wie Bernd Pastors sagt, handele es sich um „eines der größten und konkretesten Projekte, die wir je umgesetzt haben“. Kritik daran, wie sie jüngst in einer großen deutschen Wochenzeitung zu lesen war, treibt ihm die Zornesröte ins Gesicht. Zwar sei es richtig, dass in China oder Indien momentan gleichwertige Medikamente etwas preiswerter hergestellt werden.
„Da reden wir von 15 bis 20 Prozent, die wir über dem Weltmarktpreis liegen.“ Doch „unseren integrativen Ansatz“ könne man durch den billigen Import nicht erfüllen. Für Pastors steht fest: „Die Verwirklichung dieses Projektes ist wichtig ist für die Zukunft Tansanias.“