Schiefbahn: „Saufen? Das tun nur die Protzer“

Wie halten es Jugendliche mit dem Alkohol an Karneval? Das wollte die WZ am St. Bernhard-Gymnasium wissen.

Schiefbahn. "Ist doch alkoholfrei!" Der Elftklässler, der mit der offenen Flasche über den Schulhof am St. Bernhard-Gymnasium geht, wird von Alfred Wessler angesprochen. Der hält in dieser großen Pause nicht nur die Aufsicht, er ist auch Beratungslehrer für Gewalt und Sucht und lässt das Argument nicht gelten.

"Das Problem Alkohol ist bei uns zum Glück nicht so groß", sagt Wessler. "Wir haben ein gutes Klientel." Also Eltern, die sich für ihre Kinder interessieren. "Wir haben 20 Eltern von 25 Schülern bei den Elternabenden", ergänzt Birgit Brill, die andere Lehrerin aus dem Beratungsteam. Problematisch sei es, wenn die Kinder allein gelassen würden.

Das bestätigt auch eine Gruppe Siebtklässler, die zum WZ-Bus kommt. Unter den 12- bis 13-Jährigen ist eine, die hat "schon mal an Silvester mit Opa, Oma und den anderen mit Sekt angestoßen." Danach sei es ihr nicht so gut gegangen, sie habe die Wirkung durchaus gespürt, aber "ich hoffe, das wird mal besser."

Aber sie wisse von einem in ihrer Klasse, "der trinkt regelmäßig Alkohol." Ganz ungeniert, "auch wenn ich dabei bin", sagt eine andere Schülerin. Mit einem Lehrer haben sie noch nicht darüber geredet, "wir wollen den nicht verraten."

Fünf Schülerinnen (alle 15 Jahre alt) aus der neunten Klasse fanden es "krass", was im vergangenen Jahr in Anrath beim Tulpensonntagszug abging. Eine von ihnen ist Julia (Namen geändert), die auch schon Alkohol probiert hat. "Aber man muss seine Grenzen kennen." Die sei erreicht, "wenn meine Eltern was mitkriegen würden".

Der 17-jährige Franz aus der elften Klasse ist der Ansicht, dass es nach Alkoholgenuss "besser läuft". Von Exzessen hält er aber nichts. "Weniger ist mehr", sagen auch seine Klassenkameraden.

Würde er Freunde beim Saufen beobachten, sagt Franz, "dann würde ich denen die Flasche aus der Hand ziehen". Bei Fremden wäre sein Freund Thomas nicht dazu bereit. "Die müssen wissen, was sie tun. Ich will meinen Spaß haben und mich nicht um Kranke kümmern."

Zwei 15-Jährige tragen "Prost"-Mützen in Form eines vollen Bierglases auf dem Kopf. "Das ist nur ein Gag", sagen sie. "Wir trinken einmal in der heiligen Zeit ein Bier", sagen sie. "Saufen? Das tun nur die Obermacker, die Protzer." Die Kontrollen, die beim Tulpensonntagszug in Anrath geplant sind, seien zwar nötig, würden aber nicht viel bringen. "Im Gegenteil. Das Risiko, erwischt zu werden, ist für viele reizvoll. Er erhöht den Spaß."

Eine weitere, gleichaltrige Gruppe hat mit Alkohol kein Problem. "Man darf aber nicht übertreiben. Das ist schließlich nicht lustig, wenn man kotzt." Ein Freund ergänzt: "Von uns trinkt keiner eine Flasche Wodka." Man könne auch ohne Alkohol Spaß haben. Sie treffen sich, sammeln Kamelle. Exzesse zu verhindern sei Sache der Eltern. Strafen für Vernachlässigung der Aufsichtspflicht finden sie völlig in Ordnung.

"Alkohol gehört zu unserer Kultur!" sagt ein weiterer Jugendlicher. Und Karneval sei eben Ausnahmezustand. Genau hier knüpft auch an, was Birgit Brill beobachtet: "Wir Erwachsenen sind Vorbild." Dessen müssten sie sich immer bewusst sein. "Aber manche nehmen ihre Kinder sogar auf Partys mit, bei denen sie selbst übertreiben."

"Ich trinke keinen Alkohol und finde Jugendliche, die sich ins Koma saufen, schrecklich", sagt der 15-jährige Lukas. Auch die 14-jährige Svenja findet Leute, die mit einer Alkoholvergiftung im Krankenhaus landen, "einfach peinlich".

René (13), Robin und Nico (14) haben sich vorgenommen, keinen Alkohol zu trinken. "Wir sind dafür sowieso noch zu jung und halten nichts vom sinnlosen Besaufen." Auch Helene (15) und Franziska (16) wollen nur ganz wenig Alkohol trinken, um schlechte Erfahrungen zu vermeiden.

Ältere Schüler, so eine Gruppe von drei 18-Jährigen, sagen, sie trinken Alkohol, um Spaß zu haben und beschreiben die Wirkung als ein "tolles Gefühl". Mal eine schlechte Erfahrung damit zu machen, finden sie gar nicht schlimm: "Das ist wichtig, um zu wissen, wo die persönlichen Grenzen liegen." Diese Meinung teilt auch der 19-jährige Jan, für den Alkohol zu Partys "einfach dazu gehört". Jeder müsse seine eigenen Erfahrungen machen und so lernen, bis wo er gehen kann.

Der 17-jährige Sebastian sagt, er trinke an Karneval wieder einiges an Alkohol. Schlechte Erfahrungen habe er dabei noch nie gemacht.

Die 18-jährige Alexandra macht sich ganz andere Gedanken. Zwar wird auch sie an Karneval ein wenig trinken, viel schlimmer als die Betrunkenen findet sie aber den Müll auf den Straßen bei den Zügen. "Dass auf viele Alkoholflaschen jetzt Pfand ist, finde ich gut. Die vielen Glasscherben können schnell zur Gefahr werden, wenn man hinfällt."