Tönisvorst Seenotrettung mit der „Juventa“
Action medeor unterstützt das Projekt eines Berliner Stundenten, der im Mittelmeerraum Erste Hilfe für Flüchtlinge leisten will.
Tönisvorst. Entsetzt und traurig war der damals 18-jährige Jakob Schoen, als er am 19. April 2015, wenige Monate vor seinem Abitur, davon erfuhr, dass vor der libyschen Küste mehr als 700 Flüchtlinge ertrunken waren. Der Berliner handelte, fand zunächst sieben junge Leute, die mithelfen wollten, dann immer mehr Botschafter und Unterstützer in vielen Städten. Sie gründeten die Hilfsorganisation „Jugend rettet“. Was viele erst belächelt und nicht für möglich gehalten haben: Ende Juni wird sich von Emden aus ein derzeit umgebauter holländischer Fischtrawler auf den Weg nach Malta machen. Von dort wird das Schiff mit dem Namen „Juventa“ durch das zentrale Mittelmeer fahren, um in Not geratene Bootsflüchtlinge zu retten.
Gestern besuchte Jakob Schoen (19), der ab dem Winter Politikwissenschaften studieren möchte, das Vorster Medikamenten-Hilfswerk „action medeor“. Es unterstützt die Aktion mit Spendengeldern in Höhe von 15 000 Euro, gedacht für Medikamente, medizinisches Material und Gerätschaften für die Schiffs-Apotheke. „Wir sind tief beeindruckt von dieser jungen Organisation“, sagte action medeor-Vorstandssprecher Bernd Pastors. Der junge Berliner und Vorsitzende von „Jugend rettet“ weiß sehr wohl, dass die Lösung des Flüchtlingsproblems nur in den Herkunftsländern möglich ist und das „Jugend rettet“ nur eine Lösung für „jetzt und nicht für die Zukunft ist“. Dennoch strahlt er, als er von der Unterstützung erzählt, die das achtköpfige Kernteam erfahren hat. Dazu gehört auch Lena Waldhoff (23), die zweite Vorsitzende ist. Jeder bekam seine Aufgabe, um bald eine private Seenotrettung durchzuführen.
Unterstützer in 36 Städten allein in Deutschland Allein in Deutschland sitzen in 36 Städten Botschafter, die für den humanitären Einsatz weitere Unterstützer suchen. Sie kümmerten sich um Spenden-aquise, andere nahmen Kontakte mit im Mittelmeer helfenden Organisationen auf, suchten eine fähige Schiffsbesatzung und vor allem ein Schiff. Jakob Schoen: „Darum haben wir uns seit Herbst 2015 gekümmert, haben uns in Norwegen und Dänemark umgeschaut, ehe wir einen geeigneten Trawler fanden.“ Es ist ein 333 Meter langes Schiff, das zuvor Ölbohrinseln vor Island bewachte. Es war für 130 000 Euro zu haben. Derzeit wird es in Emden zum Seenotretter umgebaut. Die Gesamtkosten, eingerechnet die Überführung und der erste Einsatzmonat, dürften 270 000 Euro betragen.
Schiffname „Juventa“ steht für eine starke Jugend
Der Name „Juventa“ steht für eine starke Jugend. Die Schiffstaufe soll in einigen Wochen in Emden erfolgen. Etwa drei Wochen dauert die Überführung bis ins Basiscamp auf Malta. Mit dem ersten Rettungseinsatz rechnen die Verantwortlichen ab der dritten oder vierten Juli-Woche. Jakob Schoen: „Das Schiff ist generell nicht dafür da, um Flüchtlinge aufzunehmen, sondern wir leisten erst einmal Erste Hilfe.“ Mitgeführt werden neun Rettungsinseln, die jeweils bis zu 25 Personen fassen, und Hunderte von Rettungswesten. Im Ernstfall werden Inseln und Westen ins Wasser geworfen. Parallel wird die Seenotrettungsleistelle MRCC angefunkt, die in Rom ihre Zentrale hat. Danach werden Versorgungsschiffe in der näheren Umgebung benachrichtigt. Im äußersten Notfall kann Juventa bis zu 100 Personen aufnehmen. Ein kleines Beiboot soll bei Einsätzen überwiegend für den Kontakt zwischen Juventa und dem Aufnahmeschiff sorgen.
Lange wurden nach Personen mit nautischen Erfahrung gesucht. Geholfen haben Bundeswehr und die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS), von der auch der 1. Kapitän, Stefan Lohmann, kommt. Ständig soll eine Crew von elf Personen an Bord sein, darunter Skipper, Steuermann, Maschinist, Arzt, Rettungssanitäter und weiteres Deckpersonal. Auf der Crewliste stehen bislang über 100 Namen. „Wir können aber noch Ärzte oder Maschinisten gebrauchen“, sagt Schoen. Und jederzeit Sach- und Geldspenden (Kontakt über www.jugendrettet.org). Die Initiative hofft, erst einmal bis einschließlich November die Seenotrettung leisten zu können. Dabei sind auch junge Leute aus anderen europäischen Ländern. Schoen: „Wir wollen zeigen, dass wir eine gemeinsame Lösung gefunden haben.“