St. Tönis: Drohung mit dem Bagger

Die Stadtwerke legten einem St.Töniser Ehepaar den Gasanschluss still. Grund ist ein nicht genehmigter Boiler.

St. Tönis. Kalte Füße. Die drohten Frank Meyer und seine Frau Susanne gleich für mehrere Tage. Denn am Dienstagnachmittag funktionierte bei dem Ehepaar von der Burgstraße 195 die Heizung nicht mehr: Installateure der Stadtwerke Tönisvorst hatten das Gas abgedreht und den Zähler abmontiert - gegen den Widerstand der Meyers.

"Duschen können wir auch nicht mehr", klagt der Hausherr und nennt das Ganze einen "Skandal". Ins Rollen gebracht hatte ihn Bezirksschornsteinfeger Volker Sonnenschmidt aus Kempen.

Rückblende. Seit etwa 30 Jahren wird im Hause Meyer ein Gasboiler im gleichen Badezimmer wie der Wäschetrockner betrieben. "Das ist lebensgefährlich", sagt Volker Sonnenschmidt. Denn der Trockner entziehe dem Raum Sauerstoff, durch den Boiler könnten aber Abgase entstehen, die als Kohlenmonoxid ohne Luftzufuhr eine tödliche Bedrohung darstellten.

Fakten, die den Meyers durchaus bekannt sind. "Wir haben deshalb nie gleichzeitig geduscht und den Trockner benutzt", erzählt der studierte Ökonom. Vom Schornsteinfeger beanstandet worden sei die Sache nie: Der Boiler hatte Bestandsschutz.

Doch dann ließen sich die Meyers - die Ehefrau ist Diplom-Ingenieurin - einen neuen installieren. Volker Sonnenschmidt, seit wenigen Jahren für St. Tönis zuständig, sollte ihn abnehmen, weigerte sich aber: Eine solche Kombination von Geräten sei nach dem "Gebetbuch der Installateure", der TRGI (Technische Regeln für Gas-Installationen), schlichtweg verboten.

"Da hat der Installateur einen Fehler gemacht." Die alte Anlage habe Bestandsschutz gehabt, nicht aber die neue. Da die Eheleute Meyer keine Einsicht gezeigt hätten, sei er gezwungen gewesen, die Stadtwerke zu verständigen.

Die reagierten schnell. Sehr schnell: Da "Gefahr im Verzug" war, so kaufmännischer Geschäftsführer Thomas Meyer, standen gestern Morgen zwei Handwerker vor der Burgstraße 195. Ihr Auftrag: Ausbau des Zählers und Sperrung des Anschlusses, um die "nicht betriebsfähige Anlage" stillzulegen.

Was die Hauseigentümer mit Blick auf winterlich kühle Temperaturen nicht akzeptieren wollten. Sie setzten das Stadtwerke-Duo kurzerhand vor die Tür. Mit fatalen Konsequenzen: Die Männer kehrten kurze Zeit später in Begleitung von zwei Polizeibeamten und einem Bagger zurück.

"Herr Meyer hat nicht das Recht, uns den Zugang zu unserem Zähler zu verwehren", sagt Stadtwerke-Mann Thomas Meyer (die Namensgleichheit ist ein Zufall). Zwar wolle man keine unnötigen Kosten produzieren. Doch zur Not sperre man mit Hilfe des Baggers den Gasanschluss auch von der Straße aus.

Der Hauseigentümer spricht von "GSG-9-Methoden". Unter dem ausgeübten Druck gab er aber nach und ließ die Stadtwerke-Männer ihre Arbeit machen. Mit der Folge, dass er ab Mittag keine funktionierende Heizung, kein heißes Wasser, keine Kochmöglichkeit mehr hatte.

An diesen Zustand hätten sich die Meyers wohl gewöhnen müssen. Doch zu ihrem Glück schalteten sie nicht nur die örtliche Polit-Prominenz, sondern auch einen Rechtsanwalt ein. Rainer Hinkes gelang es dann, eine "pragmatische Lösung" zu finden: Ein Schreiner baute gestern Nachmittag ein zusätzliches Belüftungsgitter in die Tür ein, ein Elektriker bekam den Auftrag für einen Kontaktschalter, der das Betreiben des Wäschetrockners nur bei geöffnetem Fenster ermöglicht.

Und Frau Meyer kaufte einen neuen Kondenstrockner. "Mit den Stadtwerken habe ich verabredet, dass das Gas nun wieder fließt", berichtete der Rechtsanwalt am späten Nachmittag.

Endgültig vom Eis ist die Kuh aber nicht. Für Hinkes ist nämlich klar: "Die Verhältnismäßigkeit der Mittel ist nicht gewahrt worden." Gefahrenabwehr hin oder her: Es sei "ein Unding", seinem Mandanten ohne Vorankündigung das Gas abzudrehen - "und das bei dem Wetter". Über die Kosten der Aktion werde man deshalb noch reden müssen.