St. Tönis: Lesung - Geschichte vom Schiller-Schädel

Der Autor und Redakteur Rainer Schmitz las im St. Töniser Ratssaal – ein anregender Abend.

St. Tönis. Ob allein das Wort "Literaturlexikon" so abschreckend wirkt, dass nur zirka 20 Zuhörer in den Ratssaal nach St. Tönis kamen, in dem Rainer Schmitz aus seinem Buch "Was geschah mit Schillers Schädel" las? Fest steht: Denen, die nicht gekommen sind, ist Unterhaltsames entgangen.

Denn auch wenn man nicht weiß, wer Otto Erich Hartleben war (der zu seiner Zeit als einer der meistgespielten Dramatiker im Umfeld des Naturalismus galt), ist es doch interessant, welche Geschichten sich um seinen Kopf ranken, den er nach seinem Tod einem Weimarer Museum vermacht hatte.

Vor 25 Jahren hat der Focus- Kulturredakteur begonnen, Anekdoten zu sammeln. In einer Schachtel, einer Ablage. Damit kann er auch heute noch nicht aufhören. Er hat Zeitungsschnipsel mit nach St. Tönis gebracht, Meldungen, die er mit leiser, nüchterner Stimme vorliest. Und nur ganz zum Schluss huscht ein kleines Lächeln über sein ernstes Gesicht. Seine schwarzen Augen blitzen spitzbübisch.

Lange liest er aus der Geschichte um Schillers Schädel, die dem Buch den Titel gab. Das hin und her der Begräbnisstätten, die Not des Bürgermeisters, dem Fürsten den richtigen Schädel vorzulegen. Schließlich sind zwei im Umlauf. Sämtliche Versuche, den einen oder anderen als "den richtigen" zu etablieren, haben zu keinem Ergebnis geführt.

Schließlich wirft er die Frage auf, was denn ein eindeutiges Ergebnis bringen würde und sagt: "Vielleicht sind ja beide Schädel von Schiller. Das hätte er schließlich verdient", und wieder huscht dieses Lächeln über sein Gesicht.

Mit diesem Beitrag hatte Schmitz im vergangenen Jahr für Furore gesorgt. Ein beeindruckender, anregender Abend.