Theater: Glücksfall im zweiten Anlauf

Die Premiere des Stücks „Pygmalion“ bei den Schlossfestspielen Neersen findet am Samstag, 16. Juni, statt. Sie ist ausverkauft.

<strong>Neersen. Manche Dinge brauchen ihre Zeit, ehe sie zur Vollendung gelangen. Wenn auch anders als angedacht. "Ich wollte mein Leben lang im Pygmalion den Higgins spielen, aber irgendwie ist er immer an mir vorbeigegangen", sagt Rainer Alwin Güther. Jetzt darf er im Welterfolg von George Bernard Shaw mitwirken - allerdings in anderer Rolle: als Doolittle. "In diese Rolle hatte ich mich später verliebt, deshalb passt das jetzt sehr gut." Doch der Terminplan hatte dem in Lübeck geborenen Schweizer eigentlich einen Strich in Form eines anderen Engagements durch die Rechnung gemacht. Intendantin Astrid Jacob hatte Güther für die Rolle vorgesehen, doch der sagte ab - zunächst. Denn durch die Erkrankung Hans Jürgen Gündlings war der Doolittle plötzlich wieder ohne Besetzung. Güther sprang ein, der Terminnot zum Trotz. Und genießt es: "Jetzt bin ich da und sehr glücklich. Das ist ganz wunderbar. "

Weil es Astrid Jacob mit dem Pygmalion genau so geht, bringt sie ihn in Neersen auf die Bühne. Die Geschichte vom Blumenmädchen Eliza (gespielt von Rike Schaeffer), das als Versuchsobjekt des Sprachforschers Dr. Higgins (Matthias Kostya) eine Wandlung zur wohlerzogenen Dame erlebt, ist als Musical unter dem Titel "My fair lady" weltberühmt geworden. "Der Erfolg des Musicals hat das grandiose Theaterstück überdeckt. Wir möchten es zum Leuchten bringen", sagt Astrid Jacob.

Rike Schaeffer reizt an der Eliza das große Spektrum der Figur: "Im Grunde sind es zwei unterschiedliche Rollen. Die Eliza ist mir wahnsinnig sympathisch." Matthias Kostya geht es anders: "Mich reizen vor allem Rollen, die meilenweit von mir selbst weg sind. Higgins ist so ein Fall." Als Musical habe er das Stück immer sehr kitschig gefunden, das Theater setze andere Akzente, die ihm gefielen.

"Es ist generell wichtig, einen positiven Zugriff auf das Leben zu haben", erklärt Astrid Jacob. "Mit kleinen Helden kann man sich identifizieren. Und solch ein kleiner Held ist für mich die Eliza. Es ist ein Stück, das Mut macht." In Schaeffer/Kostya glaubt sie, das perfekte Paar gefunden zu haben. Dazu Güther als Doolittle. "Die Schauspieler tragen das Stück, und jetzt haben wir die Konstellation, die von Anfang an geplant gewesen war." Was Jacob außerdem wichtig ist: "Das Stück ist ungemein aktuell. Das arme Mädchen, das die erste Chance nutzt, um sich weiterzubilden und Karriere zu machen. Das passt zum Motto der Festepiele: Und dennoch."