Theaterprojekt: Wenn einer eine Reise tut...

Gymnasiasten und Bewohner von „Haus Anrode“ haben gemeinsam Theater gemacht.

Anrath. „Alle reden immer von Inklusion, aber wenige tun etwas“, sagt Christine Schierbaum. Sie ist eine Mitarbeiterin der Tagesbetreuung im Anrather Wohnheim „Haus Anrode“. Dort werden in Wohngruppen geistig behinderte Menschen betreut. Direkt daneben ist das Lise-Meitner-Gymnasium. Schierbaum: „Viele kennen uns, grüßen auch freundlich, man könnte doch was zusammen machen.“ Und sie hatte die Idee eines Theaterprojekts, überzeugte Schulleiterin Astrid Kampmann und fünf Schülerinnen des achten Jahrganges, die mit sieben Bewohnern seit Oktober 2012 probten. Jetzt kam es zur Premiere.

Etwa 30 junge wie ältere Besucher warteten gespannt im „Wohnzimmer“ der Begegnungsstätte auf den etwa 60-minütigen Auftritt. Kurz zuvor waren die Laienschauspieler noch einmal ihre Texte durchgegangen. Wilhelm Bayertz war bei der Tournee durch neun Länder der „Eisbrecher“, er begann: „Wenn einer eine Reise tut, dann nimmt er seinen Zylinderhut und macht sich auf die Socken. . .“

Den Zylinderhut gab Wilhelm danach nicht mehr aus der Hand. „Er liebt Gedichte über alles“, sagt in der Pause Christine Schierbaum. Man habe die Stärken und Vorlieben der mitmachenden Bewohner für die Rollen genutzt.

So sei Dieter Glück der Uhren-Freak, haben etliche Uhren auf seinem Zimmer. Er musste dann auch, als die Spielschar gerade in der Schweiz angekommen war, der jeweiligen Tageszeit angepasst die Zeiger einer großen Uhr verstellen.

Bei Gisela Doemges war es die Liebe zu den Blumen. Und Dieter Echelmeyer hatte die Aufgabe, das Schild mit dem passenden Ländernamen hochzuhalten. Gerade waren die Laienschauspiele in Frankreich angekommen, da ließen sich als Tour de France-Fahrer Gisela Doemges und Josef Winkels von einem kleinen Fan-Club, der am Rande Fähnchen in der Hand hielt, feiern. Man sah fröhliche Gesichter der Bewohner. Der Applaus der Besucher tat ihnen gut.

„Die anfängliche Scheu hat sich schnell gelegt, die Proben und die Verständigung wurden von Woche zu Woche besser“, sagte kurz vor ihrem Auftritt die 13-jährige Charlotte Mursch, die die Klasse 8b des Anrather Gymnasiums besucht, ebenso wie Maja Labarzewska (15) und Sarah Bisges (14). Von der 8c waren noch Tina-Marie Zernack (14) und Katalin Türk (13) dabei, die auch die Moderation übernahmen. Die fünf Mädels hatten sich freiwillig für ein 60-stündiges soziales Praktikum überwiegend im Haus Anrode entschieden. Maja ergänzt: „Das hat uns so viel Spaß gemacht, dass wir bald auch das vorgeschriebene Praktikum von 16 Stunden dort machen werden.“

Das Ensemble, darunter auch Christina Falk und Bärbel Steffes, hatte auch selbst schöne Requisiten gebastelt oder gemalt, von der Alpen-Kulisse, bis zu einem Eiffelturm aus Pappe. Als Dank für den Auftritt gab neben dem Beifall für das Ensemble vom Strick-Team von Gerti Oehrlein, die am 29. Mai ihren 83. Geburtstag feiert, einige bunte Socken.