Willich: Großrazzia im Morgennebel

Kriminalität: Mit 230 Einsatzkräften hat die Polizei einen Hof bei Schiefbahn durchsucht.

Willich. Polizisten in der Nähe der Autobahnabfahrt Schiefbahn sind sicher kein ungewöhnlicher Anblick. Hunderte dieser Herrschaften, in Mannschaftsbussen, Kleintransportern und Streifenwagen angerückt, erregen dagegen Aufmerksamkeit. Zumal zeitweise eine Spur der A52 gesperrt war. Mit einem Großaufgebot haben Zoll und Polizei am Dienstag auf einem Hof wegen des Verdachts auf Menschenhandel ermittelt.

Die kurzfristige Sperrung der Autobahn-Fahrbahn sei nötig gewesen. "Wir mussten auf jeden Fall verhindern, dass Beschäftigte über die A 52 fliehen", erklärt der Polizist. Um die Abriegelung realisieren zu können, war die Hundertschaft Mönchengladbach angerückt. Ebenfalls dabei: die Reiterstaffel der Landespolizei, die in Anrath zu Hause ist.

In den drei Hallen des Betriebes hielten sich zum Zeitpunkt des Zugriffs rund 60 ausländische Arbeitskräfte auf. Jeder einzelne wurde zu seinen Arbeits- und Wohnbedingungen vernommen. "Durch einige der Aussagen wird die Verdachtslage in Teilbereichen wahrscheinlich bestätigt", erklärt Wiese nach der Aktion. Der Straftatbestand ist neu, etwa zwei Jahre alt. Er heißt "Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft". Während der Durchsuchung wurde ein 35-jähriger Rumäne vorläufig festgenommen, der an der Ausbeutung beteiligt gewesen sein könnte. Zudem wurde dem Hofbesitzer verboten, die Räume als Schlafstätten zu benutzen. Die Aktion war das Ergebnis eines anderen Ermittlungsverfahrens im Bundesgebiet.

"Ja, hier war jede Menge los", berichtet ein Anwohner, der die Aktion hautnah mitbekam. "Jede Menge Autos, zwei Busse, Pferde. Ich habe mir gleich gedacht, dass das mit den Arbeitskräften auf dem Hof zu tun hat." Dieser sei ihm als "netter, sauberer Betrieb" bekannt. Mit dem Landwirt pflege er ein freundschaftliches Verhältnis. Dass der ein Fehlverhalten begangen habe, kann der Rentner sich nicht vorstellen.

Bei Gärtner Pötschke haben die Beschäftigten weniger mitbekommen. "Plötzlich kamen 30 bis 40 Autos um die Ecke. Ganz ohne Tatü-tata", schildert ein Angestellter des Gartencenters. Was wohl auch der Grund war, dass nicht alle das Großaufgebot wahrnahmen. "Wir haben erst überhaupt nichts gesehen", sagt eine Kassiererin.

Auf dem durchsuchten Hof sind derzeit rund 80 Ausländer beschäftigt, die überwiegende Anzahl Rumänen. Für das komplette Jahr soll der Unternehmer 480 Arbeitskräfte angefordert haben. Deren Beschäftigung fällt unter das so genannte Entsende-Gesetzt. Das heißt, nach drei Monaten müssen diese Beschäftigten Deutschland wieder verlassen, obwohl sie aus einem Land der Europäischen Union stammen.