Willich/Burkina Faso. Es ist 13:30 Uhr. Der Präfekt von Zogoré scheint gerade erst aufgestanden. Er rauft sich durch die Haare, zieht sein T-Shirt mit zwei großen Löchern an der Schulter zurecht und fast sich mit einem schmerzerfüllten Gesicht an den Kopf. Die vergangene Nacht scheint wohl eine durchzechte Nacht gewesen zu sein. Dennoch ist er zum Interview bereit. Denn schließlich ist er, zumindest seiner Meinung nach, der wichtigste Mann in Zogoré.
Er, der vom Präsidenten ernannt wird, "ist der Boss von Zogoré, der Gouverneur", sagt er mit aggressivem Unterton auf die Frage nach dem ersten demokratisch gewählten Bürgermeister in Zogoré. Und erst recht ist er beleidigt, dass ihn die Willicher Delegation aus Schülern, Lehrern und Marlies und Hans Grips nicht besucht hat. Immerhin hat er den Teller der Stadt Willich als einzige Dekoration an der Wand hängen, den er stolz zeigt.
Dass der Aufkleber der Partnerschaft verkehrt herum auf seiner Schublade klebt, sieht er erst, als er darauf angesprochen wird. Seit vier Monaten ist Ouedradgo Ousseini (39) als Präfekt im Amt. Er hat ein Haus mit burkinischer Nationalflagge etwas Abseits des Ortes Zogoré. Wie viele Einwohner des Departements ihn hier besuchen, lässt er lieber von seinem persönlichen Sekretär ausrechnen. Er ist nur einer seiner beiden Sekretäre, versichert er. Seine Sekretärin sei lediglich an den Bürgermeister ausgeliehen, den er im Übrigen nicht als Bürgermeister sondern ebenfalls als seinen Sekretär bezeichnet.
Bis zu 80 Personen in der Woche empfange der Herr Präfekt hier, hat sein Sekretär an einer Hand abgezählt. Sie kommen zu ihm mit allen möglichen Problemen. Er ist die Polizei, das Gericht, ja die gesamte Justiz. Wenn es Probleme im Dorf gibt, wird angeblich er zu Rate gezogen und er spricht Recht, an das sich die Bewohner von Zogoré halten sollen und müssen.
Im Zweifel packt er die Streithähne ein und fährt mit ihnen nach Ouahigouya, die nächstgelegene große Stadt. In die Dörfer selbst geht er kaum. Die Menschen wüssten ja, wo er zu finden sei. Da mache es keinen Sinn, durch die Dörfer zu fahren.
Ob denn nicht der demokratisch gewählte Bürgermeister von Zogoré, der von der Mehrzahl der Bewohner gewählt wurde und überall bekannt ist, die höhere Legitimation als er habe, weil er nur ernannt sei, möchte ich wissen. Nein, nein, entgegnet der Präfekt. Er sei immerhin vom höchsten Mann im Land, dem Präsidenten ernannt worden. Dass dieser Präsident vor ziemlich genau 20 Jahren an die Macht gekommen ist, nachdem er seinen Vorgänger hat ermorden lassen, scheint ihn nicht weiter zu stören. Das ist Vergangenheit. Genau wie die vergangene Nacht. Die hat aber offensichtlich noch Folgen. Vor dem Foto möchte er sich aber dann doch noch umziehen und frisch machen. Ganz ohne ein löchriges T-Shirt und kleine Augen.