„Zweites Rathaus“: Hürden für die Stadt
Im Fachausschuss gab es am Dienstagabend Kritik von den Fraktionen. Das Konzept am Bahnhof sei nicht ausgereift. Sorgen bereiten die höheren Kosten.
Kempen. Es war Kämmerer Jörg Geulmann, der am Dienstagabend im Wirtschafts- und Liegenschaftsausschuss die Ehre hatte, konkrete Zahlen zum Projekt „Zweites Rathaus“ zu nennen. Dass die Umsetzung der Pläne, drei noch zu errichtende Bürogebäude zwischen Finanzamt und Bahnhof zu kaufen, teurer wird, hatte Bürgermeister Volker Rübo schon im Sommer im WZ-Interview bestätigt. Nach Angaben der Verwaltung geht es um einen Mehrbedarf von rund 650 000 Euro. Statt der ursprünglich veranschlagten 8,25 Millionen Euro soll der Bau inklusive der vertraglichen Nebenkosten rund 8,9 Millionen Euro kosten.
Damit ist das Projekt aber noch nicht vollständig: Für Möblierung, IT-Hardware und eine Glasfaserverbindung werden weitere 650 000 Euro fällig. Und es soll ein sogenannter Puffer von 100 000 Euro für Unvorhergesehenes eingeplant werden. Insgesamt geht die Stadtspitze daher von etwa 9,6 Millionen Euro aus.
In einem Vortrag begründete Geulmann die Mehrkosten, die sich nach intensiven Beratungen einer Arbeitsgruppe ergeben hätten. Diese Gruppe wurde vom Kämmerer und dem Wirtschaftsförderer Heinz-Peter Teneyken geleitet. Wie bereits berichtet, schlagen zum einen bauliche Veränderungen zu Buche. So soll zum Beispiel im mittleren der drei Gebäude ein großer Empfangsbereich entstehen. Dies war in der ursprünglichen Planung des Investors Hout nicht vorgesehen. Zur Erinnerung: Das Unternehmen wollte ursprünglich die Gebäude errichten, um sie an privatwirtschaftliche Firmen zu vermieten.
Teurer wird es nach Angaben des Kämmerers auch, weil in Sachen Technik vieles auf die Anforderungen einer Verwaltung abgestimmt werden müsse. Zusätzliche Kosten würden unter anderem durch die Installation einer Schließanlage, den Einbau einer Brandmelde- und Einbrauchmeldeanlage, halogenfreie Verkabelung und LED-Beleuchtung entstehen.
Michael Rumphorst (Grüne)
Unterm Strich warben Geulmann und Bürgermeister Rübo aber dafür, das Projekt trotz der gestiegenen Kosten umzusetzen. „Es gibt keine Alternativen — vor allem mit Blick auf ein geeignetes Grundstück für einen Neubau“, so Rübo. Und die Verwaltung sei unter Zeitdruck, weil man schnellstmöglich das Rathaus am Buttermarkt sanieren müsse. Die schlechten Zustände könne man den Mitarbeitern nicht länger zumuten. Gleiches gelte für die Außenstellen Acker, Neustraße und Antoniusstraße (St. Hubert). Diese Nebenstellen sollen aufgegeben werden, wenn der Neubau am Bahnhof fertig und das Rathaus am Buttermarkt saniert ist.
In der Diskussion im Ausschuss wurde deutlich, dass die Verwaltungsspitze beim Projekt „Zweites Rathaus“ vor hohen Hürden steht. Mit SPD, Grünen und FDP brachten gleich drei Fraktionen ins Spiel, die Pläne grundsätzlich zu überdenken. „Wir sind überhaupt noch nicht in der Phase, eine Entscheidung finden zu können“, sagte Heinz Wiegers (SPD). Man müsse sich das Zahlenwerk genau ansehen, damit nicht später die Frage auftauche: „Wann sind die Kosten denn explodiert?“ Der Bürgermeister sicherte zu, dass die Kosten nicht explodieren werden: „Wir werden hier keine Zustände wie beim Berliner Flughafen bekommen.“
Noch deutlicher als Wiegers wurde Michael Rumphorst für die Grünen: „Das wird unsere Fraktion nicht mittragen. Dem Konzept fehlt es an Nachhaltigkeit.“ Die Verwaltung habe nie ernsthaft eine wirkliche Alternative geprüft. „Dieses Konzept ist Flickschusterei“, so Rumphorst.
Wie alle anderen Fraktionen betonte Bernd Lommetz (FDP) die Notwendigkeit eines Neubaus für die Verwaltung. Die vorgelegte Idee werde aber von der FDP nicht unterstützt. Lommetz bemängelte ebenso, dass keine Alternativen vorgestellt worden seien. „Unser Vorschlag ist, das Ganze auf Null zu stellen, um neue Konzepte zu entwickeln“, so der Liberale. Anschließend warnte Rübo davor, weitere Zeit zu verlieren.
Auch bei Linken und Freien Wählern gab es noch Beratungsbedarf. Für die CDU stellte Peter Fischer eher Detailfragen — zum Beispiel mit Blick auf die Notwendigkeit der halogenfreien Verkabelung. So war es wenig verwunderlich, dass am Dienstagabend noch kein Beschluss gefasst wurde. Weiter geht die Diskussion am 10. Oktober im Haupt- und Finanzausschuss sowie am 17. Oktober im Stadtrat. Bürgermeister Rübos Ziel ist es, im Frühjahr 2018 mit dem Bau zu beginnen. Dann könnten die drei Kopfhäuser Mitte 2019 fertig sein.